In jüngster Zeit haben uns mehrfach Schreiben von Inkassobüros erreicht, die bereits verjährte Zahlungsansprüche aus Urheberrechtsverletzungen beim sog. Filesharing geltend machen. Die Empfänger der Schreiben sind meist vor mehreren Jahren wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung im Zusammenhang mit Filesharing kostenpflichtig abgemahnt worden und haben damals zwar die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben, nicht jedoch den Zahlungsanspruch erfüllt. Letzterer wird nunmehr weiter verfolgt. Daneben werden Verzugszinsen und Inkassokosten geltend gemacht.
Inkassobüro behauptet 10-jährige Verjährungsfrist
Im Hinblick auf die betagten Forderungen, diese stammen nämlich meist aus den Jahren 2010 und 2011, wird unter Bezugnahme auf das Urteil des BGH vom 27.10.2011 (I ZR 175/10 – Bochumer Weihnachtsmarkt) behauptet, es würde wegen der Verweisung in § 102 S. 2 Urhebergesetz auf § 852 BGB eine 10-jährige Verjährungsfrist gelten, so dass die geltend gemachten Ansprüche noch nicht verjährt seien.
Zitierte Entscheidung des BGH befasst sich nicht mit Filesharing
Unrichtig ist dabei die Behauptung, dass der BGH in der folgenden Entscheidung zu dieser Frage Stellung genommen hätte. Dort ging es vielmehr darum, dass der Veranstalter eines Weihnachtsmarktes im Bochum von der Gesellschaft für musikalische Aufführung und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) in Anspruch genommen wurde, weil auf dem Weihnachtsmarkt Musik gespielt worden war, ohne dass der Veranstalter zuvor eine Einwilligung in die Nutzung bei der GEMA eingeholt hatte.
Urteil des BGH auch nicht auf Filesharing Fälle übertragbar
Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts finden nach § § 102 S. 1 UrhG die Vorschriften der §§ § 194 ff. BGB über die Verjährung entsprechende Anwendung. Daher verjähren Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen nach §195 BGB regelmäßig innerhalb von drei Jahren.
Etwas anderes kann nach § 102 S. 2 Urheberrechtsgesetz iVm § 852 BGB nur dann gelten, wenn der Verletzer auf Kosten des Urhebers bzw. der Gesellschaft, die dessen Rechte wahrnimmt, etwas erlangt hat. In derartigen Fällen entsteht nämlich ein Herausgabeanspruch nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. Da eine solche regelmäßig nicht mehr möglich ist, richtet sich der Anspruch nach § 818 Abs. 2 BGB auf Wertersatz. Der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialgüterrechte besteht dann in der angemessenen Lizenzgebühr. Auf Wegfall der Bereicherung im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB kann sich der so Anspruch genommene regelmäßig nicht berufen, da das Erlangte, nämlich der Gebrauch des Schutzgegenstandes, nicht mehr entfallen kann.
Die Instanzgerichte sind dabei regelmäßig der Auffassung, dass ein solcher Fall beim Filesharing gerade nicht vorliegen würde, weil im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Fall am Bochumer Weihnachtsmarkt beim Filesharing schon keine Möglichkeit besteht einen entsprechenden Lizenzvertrag abzuschließen. Hinzu kommt, dass regelmäßig die Rechteinhaber ohnehin nicht daran interessiert sind die Zugänglichmachung von Einzeltiteln innerhalb eines Filesharingsystems zum unentgeltlichen Download an anonyme Dritte zur weiteren Verbreitung zu lizenzieren (so z.B. AG Bielefeld, Urteil vom 06.03.2014 – 42 C 368/13; LG Bielefeld, Beschluss vom 06.02.2015, 20 S 65/14). Auch liegt der Hauptzweck des typischen Nutzers einer Internettauschbörse darin, das Film- oder Musikwerk zu erhalten und nicht in dessen darüber hinausgehender Verbreitung. Hierfür wäre aber auch bei einer legalen Vorgehensweise gerade keine Lizenzgebühr, sondern allenfalls der übliche Verkaufspreis etwa einer DVD gezahlt worden (so insgesamt auch AG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2014 – 57 C 15659/13 , AG Kassel, Urteil vom 24.07.2014, – 410 C 625/14 ; AG Hannover, Urteil vom 09.01.2015, – 424 C 7759/14 ).