Für Arbeitnehmer stellt sich, insbesondere dann, wenn das Arbeitsverhältnis nicht besonders harmonisch verlaufen ist, bei Beendigung oft die Frage, ob Abmahnungen, die sich in der Personalakte befinden, dort dauerhaft verbleiben oder aber vielleicht aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nun auch eine Entfernung der Abmahnung verlangt werden kann.
Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen dieses Anspruchs, insbesondere unter Berücksichtigung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der aktuellen Rechtsprechung.
Rechtlicher Hintergrund: Art. 17 Abs. 1 DSGVO
Art. 17 Abs. 1 DSGVO regelt das Recht auf Vergessenwerden. Demnach hat eine Person das Recht, die Löschung personenbezogener Daten zu verlangen, wenn bestimmte Gründe vorliegen, etwa wenn die Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind.
Fallbeispiel: LAG Baden-Württemberg, 28.7.2023, Az. 9 Sa 73/21
In einem bemerkenswerten Fall hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg die Gelegenheit, sich mit der Frage der Löschung von Abmahnungen aus der Personalakte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu befassen.
Ein Auszubildender zum Sport- und Fitnesskaufmann erhielt während seiner Ausbildung eine Abmahnung wegen Betrugsvorwürfen bei der Arbeitszeiterfassung. Nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses forderte er die Entfernung dieser Abmahnung aus seiner Personalakte und verlangte zudem Auskunft über seine gespeicherten personenbezogenen Daten.
Der Arbeitgeber lehnte dies zunächst ab, woraufhin der ehemalige Azubi gerichtlich sowohl Auskunft als auch Schadenersatz forderte. Interessant ist hierbei, dass der Arbeitgeber argumentierte, die DSGVO sei auf die in Papierform geführte Personalakte nicht anwendbar.
Daraufhin erhob er Klage und verlangte neben Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte auch Auskunft über die über ihn gespeicherten Daten sowie Schadenersatz in Höhe von 5.000 €, weil der Arbeitgeber gegen die Vorschriften der DSGVO verstoßen habe.
Entscheidung des Gerichts
Das LAG Baden-Württemberg stellte zunächst klar, dass auch nicht elektronisch geführte Personalakten unter den Anwendungsbereich der DSGVO fallen können. Es handelt sich bei Personalakten um ein Dateisystem im Sinne von Art. 4 Nr. 6 DSGVO. Damit hat der ehemalige Azubi nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO grundsätzlich einen Anspruch auf Löschung der Abmahnung aus seiner Personalakte.
Den Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO hat das Gericht dagegen abgewiesen, weil der Anwalt des Azubi hatte dem Arbeitgeber lediglich eine Frist von 9 Tagen eingeräumt hatte. Dies sei eindeutig zu kurz, so die Richter. Es müsse mindestens die Monatsfrist des Art. 12 Abs. 3 DSGVO gewährt werden.
Beim Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO wurde dem Auszubildenden teilweise stattgegeben. Das Gericht sprach ihm anstatt der geforderten 5.000 € aber nur 2.500 € zu. Nachahmenden Richter war der Auskunftsanspruch teils verspätet und teils gar nicht erfüllt worden.
Anmerkung:
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Nachdem das LAG Sachsen in seinem Urteil vom 31.03.2023 (4 Sa 117/einen 20) die Regelungen der DSGVO nicht auf eine in Papierform geführte Personalakte für anwendbar erachtet hat, muss nun die Rechtsfrage abschließend im Rahmen einer Revision vom BAG geklärt werden.