Wie heißt es so schön: Reisende soll man nicht aufhalten. Wenn also ein Arbeitnehmer den Entschluss gefasst hat, den Betrieb zu verlassen, dann hat dies meist gute Gründe und Bestrebungen des Arbeitgebers der Mitarbeiter zu halten sind oft erfolglos oder aber jedenfalls nicht von Dauer. Was aber ist, wenn der Arbeitgeber den Abkehrwillen des Arbeitnehmers, also den Entschluss das Unternehmen zu verlassen, nun seinerseits zum Anlass nimmt eine Arbeitgeberkündigung auszusprechen, um die Kündigungsfrist abzukürzen? Ist dies zulässig? Nein, sagt jedenfalls das Arbeitsgericht Siegburg in seinem Urteil vom 17.07.2019 (3 Ca 500/19).
Arbeitgeberkündigung „überholt“ Arbeitnehmerkündigung
Im entschiedenen Rechtsstreit war der Kläger bei der Beklagten seit dem Jahr 2016 als Teamleiter beschäftigt. Von März bis April 2019 hatte er eine Kur geplant. Er informierte seinen Arbeitgeber darüber, dass er sich nach Ablauf der Kur einen neuen Job suchen werde und kündigte mit Kündigungsschreiben vom 22.01.2019 zum 15.04.2019.
Damit hatte es aber nicht sein Bewenden, denn nun reagierte der Arbeitgeber nicht etwa mit Bedauern, sondern sprach seinerseits am 31.01.2019 eine Kündigung zum 28. Februar 2019 aus. Er begründete die Kündigung mit dem Abkehrwillen des Klägers.
Dies ging dann aber dem Arbeitnehmer doch entschieden zu schnell und er erhob Kündigungsschutzklage.
Abkehrwille kann Arbeitgeberkündigung nur im Ausnahmefall rechtfertigen
Vor Gericht bekam der Kläger recht, denn ein Grund, der die Kündigung hätte rechtfertigen können, war für die Richter nicht ersichtlich. Der durch die Eigenkündigung zum Ausdruck gebrachte Abkehrwille des Arbeitnehmers ist, so das Gericht, grundsätzlich nicht geeignet eine nachfolgende Arbeitgeberkündigung zu stützen. In Ausnahmefällen, wenn beispielsweise Schwierigkeiten mit der Nachbesetzung der Stelle zu erwarten seien und der Arbeitgeber eine sonst schwer zu findende Ersatzkraft gerade nicht zur Hand habe, kann dies zwar, so die Richter, gerechtfertigt sein. Ein solcher Fall lag aber hier nicht vor. Zum einen war klar wann der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheidet und zum anderen konnte der Arbeitgeber auf eine bereits beschäftigte Mitarbeiterin zugreifen. Damit hat dann das Arbeitsverhältnis erst durch die Arbeitnehmerkündigung, also zum 15.04.2019, geendet. Dass der Arbeitnehmer, der von März bis April auf Kur gehen wollte, damit faktisch nicht mehr als Arbeitskraft im Betrieb zur Verfügung stand, spielte nach Auffassung der Richter ebenfalls keine Rolle.