Uns liegt aktuell eine Abmahnung der Hamburger Firma FAST Fashion Brands GmbH, vertreten durch die Kanzlei CBH Rechtsanwälte Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner vor, in der eine Verletzung der Wortmarke „MO“ durch den Verkauf von Turnschuhen der Marke Nike unter der Bezeichnung „NIKE AIR COURT MO IV“ bzw. „NIKE COURT MO 4“ auf der Handelsplattform Amazon zum Gegenstand der Abmahnung gemacht wird. Gerügt wird durch die Verwendung des Zeichens „MO“ für die Bewerbung des Angebots und den Vertrieb von Schuhen eine Verletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil die Verwendung des Zeichens “Nike“ nicht geeignet sei, eine Verwechslungsgefahr im Verhältnis zur Marke MO auszuschließen. Vielmehr würde der Verkehr von einem Zusammenwirken Marken hinsichtlich der gerügten Turnschuhe ausgehen. Zur Untermauerung der gerügten Rechtsverletzung ist im Abmahnschreiben ein Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 17.01.2019 (6 U 167/17) dass die MO Streetware GmbH erstritten hatte beigefügt. Diese hat in dem Verfahren, ebenfalls vertreten, durch die vorgenannten Rechtsanwälte, eine Verletzung der Wortmarke „MO“ hinsichtlich des Vertriebs von Turnschuhen der Marke Nike geltend gemacht. Weiter beruft sich auf einen Beschluss des BGH vom 02.10.2019 (1 ZR 39/19) mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden sein soll.
Verlangt wird die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit dem Inhalt es zu unterlassen Schuhe unter dem Zeichen „MO“ zu bewerben, Auskunft zu erteilen, Schadenersatz zu leisten sowie Anwaltsgebühren aus einem Gegenstandswert von 150.000 € und Testkauf Kosten zu bezahlen.
Kein Nachweis der Benutzung der Marke für Schuhe
Einen Nachweis, dass Schuhe unter dem Zeichen „MO“ zu vertrieben werden, wird nicht geführt. Stattdessen werden Textilien, die online unter dem Zeichen “MO“ verkauft werden, herangezogen. Losgelöst davon, dass auch zwei Buchstaben, was für den juristischen Laien kaum nachvollziehbar ist, den Schutz einer Wortmarke genießen können, fällt auf den ersten Blick bereits auf, dass hier entweder im Rahmen der Abmahnung, weil es sich um ein Massengeschäft handelt, “geschlappt“ wurde, weil der falsche Benutzungsnachweis vorgelegt worden ist oder aber keine Schuhe unter dem Kennzeichen MO vertrieben werden. Soweit ersichtlich ist in dem herangezogen Verfahren des Oberlandesgerichts Frankfurt der Nachweis in der Vorinstanz vor dem Landgericht Frankfurt (nur) mittels Zeugenbeweis geführt worden, was ebenfalls eher ungewöhnlich ist.
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gibt Abgemahnten Hoffnung
Nachdem allerdings die Marke Nike beim Vertrieb von Turnschuhen mag Durchsetzung hat, während in weiten Verkehrskreisen die Marke „MO“ gänzlich unbekannt ist, erscheint das Urteil des OLG Frankfurt bereits rechtlich zweifelhaft. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Inhaber einer Marke der Benutzung eines mit dieser Marke identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, nur widersprechen, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Zu den Funktionen der Marke gehören neben der Hauptfunktion, der Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung, auch ihre anderen Funktionen wie unter anderem die Gewährleistung der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Rn. 58 – L’Oréal/Bellure; EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 76 f. – Google France und Google; EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 – C-558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 841 Rn. 29 f. – Portakabin/Primakabin). Kann die Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens keine der Funktionen der Marke beeinträchtigen, kann der Markeninhaber ihr auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a MarkenRL aF nicht widersprechen (EuGH, GRUR 2010, 841 [EuGH 08.07.2010 – Rs. C-558/08] Rn. 29 – Portakabin/Primakabin). Die Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken verwirklicht keinen der Verletzungstatbestände des Art. 5 Abs. 1 MarkenRL aF (EuGH, Urteil vom 12. November 2002 – C-206/01, Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 Rn. 54 – Arsenal Football Club), genauso wenig wie eine Verwendung, bei der es ausgeschlossen ist, dass die benutzte Marke im Verkehr als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird (EuGH, Urteil vom 14. Mai 2002 – C-2/00, Slg. 2002, I-4187 = GRUR 2002, 692 [BGH 14.05.2002 – VI ZR 220/01] Rn. 17 – Hölterhoff).
BGH hat in anderem Zusammenhang, nämlich bei einer Abmahnung hinsichtlich einer verkauften Damenhose, bereits gegen die Marke „MO“ entschieden.
Was in der Abmahnung geflissentlich verschwiegen wird ist, dass auf Grundlage dieser Rechtsprechung die Marke MO bereits vor dem BGH (Urteil vom 11.04.2019, I ZR 108/18) eine Schlappe erlitten hat, in dem die Richter sinngemäß entschieden hatten, dass der Inhaber einer Marke kann der Benutzung eines mit dieser Marke identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, nur widersprechen, wenn diese Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Die Benutzung zu rein beschreibenden Zwecken verwirklicht keinen Verletzungstatbestand, genauso wenig wie eine Verwendung, bei der es ausgeschlossen ist, dass die benutzte Marke im Verkehr als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird. Gegenstand des dortigen Rechtsstreits war der Vertrieb einer Damenhose ebenfalls über die Handelsplattform Amazon unter der Bezeichnung „Bench Damen Hose MO“, was zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht worden war.
Expertentipp:
Vor diesem Hintergrund sollte, die geforderte Unterlassungserklärung nicht, jedenfalls aber nicht ohne Modifikationen, abgegeben werden. Hier kommt es immer auf die Retention und die Finanzkraft des Abgemahnten an. Hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und sind die für kostenrechtliche marktgerechte Streitigkeiten finanziellen Mittel nicht fahren, dann sollte hier über die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung nachgedacht werden. Andernfalls wäre zu überlegen, aktiv gegen die Abmahnung vorzugehen.
Da kein Fall wieder andere ist, müssen sich unbedingt, wenn Sie abgemahnt worden sind, kompetent beraten und vertreten lassen. Die schlechteste aller Möglichkeiten ist jedenfalls die, gar nicht zu reagieren. Sie laufen dann nämlich Gefahr, dass als nächstes Ihnen eine einstweilige Verfügung eines Gerichts zugestellt wird, wodurch sich die im Zusammenhang mit der Abmahnung entstehenden Kosten potenzieren.