Am 25. Juli 2015 hatten wir an dieser Stelle über einen AGG Hopper berichtet, der ein von unserer Kanzlei vertretenes Schwabinger Einrichtungshaus auf Zahlung von mindestens 4.500 € Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verklagt hatte, weil dieses in einer Stellenanzeige in einer Münchner Tageszeitung versehentlich eine „Verkaufsberaterin“ gesucht hatte, anstatt einen „Verkaufsberater/- in.“ Hierdurch fühlte er sich als (vermeintlicher) männlicher Bewerber diskriminiert. Bei der Anzeige handelt es sich natürlich um keine Diskriminierung, sondern um ein bloßes Schreibversehen aus dem der Kläger Kapital schlagen wollte, den die Stelle wurde an einen anderen männlichen Bewerber vergeben.
Der Kläger, ein gelernter Bankkaufmann, ist nämlich ein sog. AGG Hopper, also eine Person, die sich gezielt auf fehlerhafte Stellenanzeigen bewirbt, um die vom Gesetzgeber gut gemeinten Regelungen des AGG zur Vermeidung von Diskriminierungen wegen des Geschlechts aber auch die Besonderheit im arbeitsgerichtlichen Verfahren, nämlich dass dort in erster Instanz grundsätzlich keine Kostenerstattung stattfindet, auszunutzen, um von Unternehmen Zahlungen zu erpressen. Findet er eine Stellenanzeige, die versehentlich so formuliert ist, dass vermeintlich nur weibliche Bewerber gesprochen werden, bewirbt er sich mit einem Standardbewerbungsschreiben, das nicht nur regelmäßig nicht stellenspezifisch formuliert ist, sondern hebt im Fettdruck bisherige Tätigkeiten hervor, die mit der ausgeschriebenen Stelle überhaupt nichts zu tun haben, so dass seine Bewerbung beim Entscheider bereits auf den ersten Blick durchfällt. So hat er hier neben seiner Tätigkeit als Bankkaufmann insbesondere hervorgehoben, dass er seit dieser Zeit überwiegend nur noch in verschiedenen Callcentren Beschäftigung gefunden hatte. Sein Bewerbungsschreiben rundet er dann damit ab, dass er am Ende noch darauf verweist, dass er eine Einladung zur Vorstellung erwartet und vorsorglich auf die Vorschriften des AGG zur Geschlechterdiskriminierung verweist. Mit diesem Hinweis möchte er wohl zusätzlich erreichen, dass selbst dann, wenn sein Bewerbungsschreiben nicht für sich bereits abschreckend genug war, jedenfalls spätestens hier jeder Entscheider, der nicht bereits für die AGG Problematik sensibilisiert ist, seine Bewerbung aussortiert. Erhält er eine Absage, dann erhält das Unternehmen innerhalb kürzester Zeit, hier betrug die Zeitspanne nicht einmal 2 Stunden, ein seitenlanges Schreiben in dem aus bereits ergangener Rechtsprechung zum AGG (fehlerhaft) zitiert wird und das mit der Aufforderung zur außergerichtlichen Zahlung einer moderaten Entschädigung endet. Im vorliegenden Fall wurden 750 € verlangt. In diesem Zusammenhang verweist er zugleich darauf, dass es für das Unternehmen die kostengünstigste Variante aus der Angelegenheit herauszukommen die Bezahlung seiner Forderung ist, weil selbst dann, wenn das Unternehmen einen Rechtsstreit, den er im Falle der Nichtzahlung einleiten wird, gewinnt, die Rechtsanwaltskosten, die aufgrund der Besonderheit im arbeitsgerichtlichen Verfahren, dass in erster Instanz unabhängig vom Ausgang des Verfahrens jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, höher sind, als das, was an ihn zu bezahlen ist.
Während sich der Kläger in der Güteverhandlung und seinen Schriftsätzen noch recht siegesgewiss gezeigt hatte, und stets damit argumentiert hat, ihm sei eine „Chance“ versagt worden, weshalb er Anspruch auf Entschädigung habe und er werde im Falle seines Anliegens auf jeden Fall in die Berufung gehen, war er in der gestern vor dem Amtsgericht München (34 Ca 7226/15) stattgefundenen Kammerverhandlung recht kleinlaut. Nachdem ihm das Gericht nämlich mit knappen Worten aufgezeigt hatte, dass sein Anspruch nicht gegeben ist und es deshalb die Klage abweisen wird, wenn er die Klage nicht zurücknimmt, hat er zur Vermeidung der mit einer Klageabweisung einhergehenden Gerichtskosten die Klage rasch zurückgenommen und verschwand…
Nach Auffassung des Gerichts konnte es dabei dahinstehen, ob der gelernte Bankkaufmann, der nach seinen Bewerbungsunterlagen noch nie als Verkaufsberater, sondern nach seinem Rausschmiss bei der Bank schwerpunktmäßig im Vertrieb in sog. Callcentren gearbeitet hatte, überhaupt objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war und seine (schlampige) Bewerbung überhaupt als ernsthaft anzusehen ist, weil jedenfalls dadurch, dass die Beklagte die ausgeschriebene Stelle an einen anderen männlichen Bewerber vergeben hat, die Vermutung einer Diskriminierung ,die mit dem Fehler in der Stellenanzeige nach § 22 AGG einhergeht, widerlegt wurde.
Anmerkung:
Auch, wenn so der Rechtsstreit zugunsten des von unserer Kanzlei vertretenen Unternehmens gewonnen werden konnte, ist das Ergebnis in der Sache nicht befriedigend. Bereits im Jahr 2014 hatten wir eine Klage desselben Klägers auf dem Schreibtisch. Damals hatte er einen Versicherungsvertreter aus Fürstenfeldbruck auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verklagt, weil dieser in einer Stellenanzeige eine Telefonistin in Teilzeit gesucht hatte. Auch dort handelte es sich um ein Schreibversehen. Die Stelle war dann aber gar nicht besetzt worden, weil sich der Versicherungsvertreter, der lediglich ein Home-Office hatte, überlegt hatte, dass er doch nicht dauerhaft einen fremden Menschen in seiner Wohnung haben möchte. Der Kläger hatte in dem dortigen Verfahren zur Stärkung seiner eigenen Position bereits freimütig eingeräumt, dass er in mindestens 12 weiteren Verfahren erfolgreich Entschädigungsansprüche nach dem AGG durchgesetzt habe, wobei diese überwiegend dadurch geendet hätten, dass die betroffenen Arbeitgeber vergleichsweise Zahlungen an ihn geleistet haben. Auch der dortige Beklagte wollte sich nicht den Mühen und Risiken eines langen Rechtsstreits aussetzen und hat dem Kläger dann vergleichsweise 299 € bezahlt, um sich von der Lästigkeit eines Rechtsstreits freizukaufen. Rechtlich erforderlich war dies allerdings nicht, weil auch durch die Nichtbesetzung einer ausgeschriebenen Stelle die Vermutungswirkung des § 22 AGG widerlegt wird.
Dies verdeutlicht, dass dieser Kläger, wie übrigens andere auch, die vom Gesetzgeber gut gemeinten gesetzlichen Regelungen aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz in Kombination mit den Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens missbraucht, um sich dauerhaft eine (Neben-) Erwerbsquelle zu schaffen, in dem er Stellenanzeigen auf geschlechtsspezifische Fehler kontrolliert und betroffene Unternehmen dann entsprechend zur Kasse gebeten werden. Ein eigenes wirtschaftliches Risiko besteht für den Kläger nicht, denn entweder bezahlt ein so angegriffenes Unternehmen bereits außergerichtlich, um sich ein Klageverfahren zu ersparen, den geforderten Betrag. Falls nicht, hat er eine weitere Chance vor dem Arbeitsgericht im Gütetermin, dass das Gericht das zahlungsunwillig Unternehmen dazu bewegt, doch freiwillig etwas zu bezahlen, um sich von der Lästigkeit eines Rechtsstreits zu befreien. Funktioniert auch dies nicht, dann hört er sich jetzt, die Meinung der Kammer im Kammertermin an und nimmt kurzerhand, um zu verhindern, dass ein entsprechendes Urteil gegen ihn ergeht, die Klage zurück. Auf diese Weise verhindert er nicht nur mit Kosten belastet zu werden, sondern auch dass Urteile in Umlauf geraten, die gegen sprechen und ihn in weiteren Verfahren von vornherein entlarven könnten.
Wer als Unternehmer über eine Rechtschutzversicherung verfügt, der kann natürlich eine solchen Rechtsstreit entspannter sehen, weil regelmäßig die Versicherung die Kosten für die Abwehr von derartigen Ansprüchen übernimmt.
Sind Sie auch Opfer eines AGG Hoppers geworden? Sprechen Sie uns an. Wir helfen Ihnen gerne.