In der heutigen digitalisierten Arbeitswelt sind Stellenanzeigen das Aushängeschild für Unternehmen, die nach neuem Personal suchen. Diese Anzeigen sind nicht nur eine Visitenkarte des Unternehmens, sondern spiegeln auch dessen Werte und Einstellung gegenüber potenziellen Mitarbeitern wider. Doch nicht alles, was innovativ klingt, ist auch rechtlich unproblematisch. Dass es rechtlich problematisch sein kann, wenn Arbeitgeber Mitarbeiter für ein „junges dynamisches Team“ suchen, ist zwischenzeitlich hinlänglich bekannt. Nun hat ein Arbeitgeber Lehrgeld dafür bezahlen müssen, dass er in seiner Stellenanzeige einen „Digital Native“ gesucht hat. Das Arbeitsgericht Heilbronn (Urteil vom 18. Januar 2024 – 8 Ca 191/23) sah darin ein Indiz für eine Altersdiskriminierung und hat einem „(Schein-) Bewerber eine Entschädigung in Höhe von 7.500 € zugesprochen.
Hintergrund des Falles
Im Fokus steht ein Fall, in dem ein im Jahr 1972 geborener Kläger eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens forderte. Er hatte sich auf eine Position beworben, in deren Stellenanzeige explizit nach einem „Digital Native“ gesucht wurde, als eine Person, die sich in der Welt der Social Media, der datengetriebenen PR und des Bewegtbilds zu Hause fühlt. Der Bewerber sah in dieser Formulierung, nachdem seine Bewerbung abgelehnt worden war, eine unmittelbare Benachteiligung wegen seines Alters, da der Begriff suggeriert, dass bevorzugt jüngere Bewerber, die in die digitale Welt hineingeboren wurden, für die Position geeignet seien und forderte eine Entschädigung von 37.500 €. Nach dem Verständnis des Klägers sind „Digital Natives“ Personen, die einer Generation entstammen, die von Kindesbeinen an die digitale Sprache von Computern, Videospielen Internet verwendet. Solche „digitalen Ureinwohner“ würden erst den Geburtsjahrgängen ab dem Jahr 1980 zugerechnet werden. Die Anzeige sei so formuliert, dass es dem Unternehmen nicht ausschließlich um die Kenntnisse des Bewerbers, sondern auch um dessen Alter gehe. Das Arbeitsgericht Heilbronn gab der Klage teilweise statt und sprach dem Kläger eine Entschädigung zu.
Rechtliche Einordnung
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), insbesondere auf die §§ 1, 3, 7, 11, 15, und 22 AGG. § 1 AGG verbietet die Benachteiligung aufgrund verschiedener Merkmale, einschließlich des Alters. Die Verwendung des Begriffs „Digital Native“ in einer Stellenanzeige wurde vom Gericht als Indiz für eine solche Benachteiligung gesehen. Der Argumentation des Arbeitgebers, dass es ihm nicht um das Alter, sondern um die Eigenschaften des Bewerbers gegangen sei, und dass der Kläger als Wirtschaftsjurist überqualifiziert sei, weil der eingestellte Bewerber lediglich ein Bruttogehalt von 58.020 € verdienen würde, während der Kläger deutlich höhere Gehaltsvorstellung hatte, überzeugte das Gericht nicht. Das AGG setzt für die Vermutung einer Diskriminierung gemäß § 22 AGG ein niedriges Beweismaß an, wonach Indizien, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, ausreichen, um die Beweislast umzukehren. Die Beklagte konnte nach Auffassung der Richter nicht den erforderlichen Vollbeweis erbringen, dass kein Verstoß gegen das AGG vorlag. Die Richter vermissten dabei im Vortrag der Beklagten, dass diese bei der Sichtung der Bewerbungen einem formellen Verfahren gefolgt sei. Auch habe sie nicht hinreichend dargelegt, nach welchen Kriterien sie die Bewerber ausgewählt habe.
Praxisrelevanz und Gestaltung von Stellenanzeigen
Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung der sorgfältigen Formulierung von Stellenanzeigen. Arbeitgeber müssen darauf achten, keine Formulierungen zu verwenden, die potenziell diskriminierend wirken könnten. Es empfiehlt sich, in Stellenanzeigen auf altersneutrale Formulierungen zu achten und stattdessen die konkreten Qualifikationen und Fähigkeiten zu benennen, die für die Position erforderlich sind.
Die Vermeidung von Begriffen mit altersbezogener Konnotation trägt dazu bei, das Risiko einer Diskriminierungsklage zu minimieren und gleichzeitig ein inklusiveres Bild des Unternehmens zu vermitteln. Unternehmen sollten daher ihre Stellenanzeigen regelmäßig prüfen und gegebenenfalls anpassen, um Compliance mit dem AGG sicherzustellen.
Fazit
Der Fall des ArbG Heilbronn unterstreicht die Notwendigkeit für Unternehmen, bei der Gestaltung von Stellenanzeigen sensibel vorzugehen und insbesondere darauf zu achten, keine Formulierungen zu verwenden, die als diskriminierend aufgefasst werden könnten. Die Entscheidung zeigt, dass der Begriff „Digital Native“ als altersdiskriminierend eingestuft werden kann, wenn dadurch eine bestimmte Altersgruppe implizit bevorzugt wird. Dieser Fall dient als Mahnung, dass im Zeitalter der digitalen Transformation auch rechtliche Rahmenbedingungen eine wesentliche Rolle spielen und bei der Personalakquise berücksichtigt werden müssen. Unternehmen sind gut beraten, ihre Rekrutierungspraktiken regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um sowohl den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt gerecht zu werden als auch rechtliche Risiken zu minimieren.