AGG-Hopping ist ein für Arbeitgeber ziemlich lästiger Missbrauch des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Das „Geschäftsmodell“ funktioniert dabei so, dass dieser Personenkreis gezielt Stellenanzeigen darauf untersucht, ob diese einen Fehler enthalten, der den Rückschluss auf eine Diskriminierung zulassen könnte. Besonders beliebt ist dabei die Geschlechtsdiskriminierung, wenn beispielsweise eine Stellenanzeige nur weiblich formuliert war, oder eine Altersdiskriminierung, nämlich dann, wenn ein Bewerber für ein „junges, dynamisches Team“ gesucht worden ist. Solche Bewerber bewerben sich dann zunächst zum Schein auf die Stelle und zwar meist in so schlechter Form, dass bereits von vornherein ihre Bewerbung keine Berücksichtigung findet. Anschließend machen sie dann Entschädigungsansprüche gegen den potentiellen Arbeitgeber außergerichtlich oder bei Gericht geltend, indem sie behaupten, ihnen sei eine „Chance“ versagt worden, weil sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind. Der „Scheinbewerber“ spekuliert dann darauf, dass der potentielle Arbeitgeber, um sich den Aufwand und die Risiken eines Rechtsstreits zu sparen, freiwillig bereit ist eine (moderate) Entschädigung zu bezahlen oder aber, wenn dies außergerichtlich nicht fruchtet, jedenfalls im Rahmen einer Gerichtsverhandlung der Arbeitgeber „weichgekocht“ wird, weil das Gericht sich nicht eindeutig positioniert und manchmal, ist der Arbeitgeber nicht vergleichsbereit, auch unterschwellig damit droht, dass auch eine Verurteilung in Betracht käme. Das Risiko kann durch den Abschluss eines Vergleichs mit moderater Zahlung an den Bewerber aus der Welt geschafft werden. Zahlt dann der Arbeitgeber, dann hat der Scheinbewerber sein Ziel erreicht und das Gericht sich die Arbeit ein Urteil zu machen gespart.
Deshalb ist es bemerkenswert, dass nun das Amtsgericht München mit Urteil vom 24.11.2016 (173 C 8860/16) ein Urteil gegen einen Scheinbewerber gefällt und dessen Klage abgewiesen hat. Bemerkenswert deshalb, weil an sich solche Rechtsstreitigkeiten nicht vor dem Amtsgericht, sondern vor dem Arbeitsgericht ausgetragen werden und darüber hinaus Urteile gegen Scheinbewerber selten sind, weil diese nämlich, wenn sie merken, dass das Gericht sich (ausnahmsweise) einmal bereits im ersten Termin gegen sie positioniert, die Klageabweisung durch eine Klagerücknahme vermeiden.
Weibliche Telefonstelle wurde gesucht
In einem Münchner Wochenblatt wurde in einer Stellenanzeige eine nette weibliche Telefonstimme zur Akquise für eine Sportmarketingagentur auf Provisionsbasis/Home Office gesucht. Da in der Stellenanzeige lediglich eine Telefonnummer genannt war, rief der 43-jährige Kläger, ein ehemaliger Bankkaufmann, der seit Jahren im Großraum München als AGG Hopper unterwegs ist, bei der Beklagten an. Er bat dabei um Mitteilung der E-Mail-Adresse, weil sich eine Freundin von ihm auf die Stellenanzeige bewerben wolle. Anschließend bewarb er sich selbst um die ausgeschriebene Stelle.
Scheinbewerber verlangt nach Absage Schadenersatz wegen Diskriminierung
Nachdem die Beklagte dem Kläger unter Verweis darauf, dass man sich bereits für einen anderen männlichen Bewerber entschieden habe, eine Absage erteilte, verlangte er wegen der geschlechterdiskriminierenden Stellenanzeige 1.600 € Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG und 540 € Schadenersatz nach § 15 Abs. 1 AGG. Er hatte dabei die Beträge anhand des von ihm geschätzten Gehalts errechnet.
Da der potentielle Arbeitgeber nicht bezahlte, weil er der Meinung war, der Kläger sei überqualifiziert für die ausgewiesene Stelle und darüber hinaus die Bewerbung auch subjektiv nicht ernsthaft gewesen sei, weil es sich beim Kläger um sog. AGG-Hopping handelt, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Keine ernsthafte Bewerbung
Die Idee statt zum Arbeitsgericht zum Amtsgericht zu gehen, war vom Kläger, der offensichtlich auch diesen Gerichtszweig für seine Zwecke nutzen wollte, keine gute Idee, denn das Gericht hat nicht lange gefackelt, sondern AGG-Hopping unterstellt und deshalb die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Richters kommt es nämlich nicht maßgeblich darauf an, ob der Kläger als gelernter Bankkaufmann für die Stelle überqualifiziert ist, was aber bereits zweifelhaft erscheint, sondern es fehle, so das Gericht, an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung.
Dies deshalb, weil es sich bei der Bewerbung um eine Art Rundschreiben, das lediglich ansatzweise einen konkreten Bezug zu Angeboten Stelle enthalte und stattdessen den Eindruck erwecke, aus unstrukturierten aneinandergereihten Textbausteinen zu bestehen. Aus Sicht des Gerichts kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger bereits zahlreiche AGG- Klagen sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem Arbeitsgericht angestrengt habe, also gerichtsbekannt ein AGG-Hopper sei. Dem Gericht war dabei auch aufgefallen, dass der Kläger im Rahmen eines vorgelegten Anlagenkonvoluts auch eine E-Mail mit vorgelegt hatte, die er an ein anderes „Opfer“ adressiert hatte und in der er noch damit geprahlt hatte, dass er von seinen AGG-Klagen gut leben könne. Das Gericht hat deshalb in eine Gesamtschau das Verhalten des Klägers so gewertet, dass dieser gewerbsmäßig missbräuchliche AGG-Klagen anstrengt, um damit zumindest teilweise seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Obwohl die Beklagte gegen das AGG verstoßen hatte, stehen dem Kläger deshalb keinerlei Ansprüche zu.
Weitere Verfahren des Klägers
Der Kläger, mit dem unsere Kanzlei auch bereits mehrfach zu tun hatte, war hier offensichtlich nachlässig geworden oder aber ein Richter hat sich einmal die Mühe gemacht etwas näher hinzusehen. Wir hatten mit demselben Kläger in unserer Kanzlei schon mehrfach zu tun. Verfahren haben dann stets in der gleichen Weise geendet, nämlich entweder das dann, wenn das Gericht sich eindeutig positioniert hat, der Kläger kurzerhand die Klage zurückgenommen hat oder aber, wenn sich der Richter im Gütetermin die Sache leichtmachen wollte, dann der Arbeitgeber dazu bewogen wurde, an den Kläger zur Vermeidung der Prozessrisiken eine „Lästigkeitsprämie“ von einigen 100 € zu bezahlen. Deshalb ist es äußerst erfreulich, dass sich hier ein Richter die Mühe gemacht hat, sich einmal das Verhalten dieses Klägers näher anzusehen. Die „Erfolge“ die er offensichtlich bereits anderweitig hatte, haben ihn in letzter Zeit sogar dazu bewogen seinen Aufwand zu minimieren, in dem ihm, so wie hier, bereits Fehler beim Bewerbungsschreiben aber auch bei den Unterlagen, die er vorliegt, unterlaufen. Beim Arbeitsgericht lässt er regelmäßig den Gütetermin ausfallen, kassiert dann zunächst ein versäumen Urteil, um mittels Einspruch direkt in den Kammertermin zu kommen. So spart er sich einen Verhandlungstermin. Er ist aber nicht nur im Großraum München tätig. Wir haben aktuell auch ein Verfahren in der Kanzlei bei der er eine Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin eingereicht hat.
Sollten auch Sie Erfahrungen mit diesem Kläger gemacht haben, dann schreiben Sie uns. Wir können uns gerne dazu austauschen.