Das Amtsgericht Wolfratshausen hatte sich in seinem von unserer Kanzlei erstrittenen Urteil vom 01.07.2013 ( 8 C 257/13) mit der Frage zu befassen, wie konkret ein Nachbesserungsverlangen sein muss, insbesondere ob die bloße Bezugnahme auf ein Privatgutachten ausreichend sein soll und dies im Ergebnis zu Recht verneint.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger hatte in Amerika einen Maserati Mexiko Baujahr 1968, der sich in einem schlechten Zustand befunden hatte, unbesehen gekauft und wollte diesen in Deutschland restaurieren lassen. Eine Fachwerkstatt hatte hierfür rund 18.000 € veranschlagt. Dies war dem Kläger zu teuer. Er ist daraufhin über die Internetplattform myhammer.de, auf der er eine Komplettlackierung zum Preis von 4000 € ausgeschrieben hatte, mit dem Beklagten, einem Geretsrieder Spänglereibetrieb, in Kontakt gekommen. Außerhalb von myhammer.de haben die Parteien sich dann über die durchzuführenden Arbeiten verständigt, wobei der Kläger behauptet, der Beklagte habe zu diesem Preis eine fachgerecht durchgeführte Volllackierung zugesagt, während nach dem Vortrag des Beklagten lediglich eine optische Aufbereitung geschuldet war und für den Preis auch nur erwartet werden konnte.
Am 14.07.2010 holte der Kläger das Fahrzeug beim Beklagten ab. Der Kläger ließ am 01.10.2010 durch das Sachverständigen …ein Gutachten erstellen, welches folgenden Auftrag zum Gegenstand hatte:“ Laut Herrn …sollte der Maserati fachgerecht neu lackiert werden. Dazu sollte das Fahrzeug abgerüstet werden, d.h. Scheiben, Türen und Hauben ausbauen, Anbauteile demontieren und nach der Lackierung wieder aufgerüstet werden“.
Mit vorangegangenem Rechtsstreit vor dem Landgericht München II, den der Kläger bereits rechtskräftig verloren hatte, hatte der Kläger unter Zugrundelegung diese Gutachtens 18.000,00 € vom Beklagten im Wege der Mängelbeseitigung als Vorschuss für Selbstvornahmekosten eingeklagt. Das Landgericht hatte die Klage am 14.11.2011 als (derzeit) unbegründet abgewiesen, da vom Kläger bislang keine Nachbesserung verlangt worden sei.
Mit Schreiben vom 15.11.2011, also gleich nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils, formulierte der Kläger folgendes Nacherfüllungsverlangen, wörtlich:
“ (…) Bereits jetzt fordern wird vorsorglich Ihren Mandanten auf, die im bereits vorliegenden Gutachten des Sachverständigenbüros … vom 1.10.2010 bis längsten 07.12.2011 im Rahmen der Nachbesserung zu beseitigen…)“.
Der Kläger trägt vor, die Arbeiten des Beklagten seien mangelhaft ausgeführt worden. Sowohl die Lackierung als auch die Montage des Fahrzeuges seien völlig mangelhaft. Bezüglich der Einzelheiten, so der Kläger, beziehe er sich auf das Gutachten des Sachverständigen vom 01.10.2010. Der Kläger trägt weiter vor, die Mängel seien in der im Gutachten beschriebenen Art und Weise vorhanden. Für die Beseitigung der Mängel sei seine vollständige Abschleifung und Neulackierung des Fahrzeugs erforderlich, welche einen weiteren Mehraufwand darstellen würden. Die nunmehr mit der Klage gelten gemachten 4.000,00 €, welche der Kläger seinerzeit an den Beklagten bezahlt habe, stelle hier nur den Mindestbetrag dar, mit welchem der am Eigentum des Klägers verursachte Schaden behoben werde könne, tatsächlich beliefen sich die Kosten für die Erbringung der geschuldeten Leistung auf ein Vielfaches. Der Kläger trägt vor, es sei eine fachgerechte Lackierung geschuldet gewesen, aber selbst, wenn – wie nicht – man eine vom Beklagten behauptete geschuldete „Notlackierung“ als vereinbart sehen möchte, so wäre auch eine solche nicht ansatzweise ordnungsgemäß durchgeführt worden. Keine Rolle, so der Kläger, spiele es, dass der Beklagte lediglich Karosseriebauer sei, der Beklagte sei Vertragspartner für die geschuldete fachgerechte Lackierung.
Aus den Urteilsgründen:
„Der Kläger hat gegen den Beklagten weder einen Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 4.000,00 € auf die Selbstvornahmekosten gemäß §§634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB noch aus einem sonstigen Rechtsgrund, insbesondere nicht im Wege des Schadensersatzes.
§ 637 Abs. 3 BGB setzt gemäß § 637 Abs. 1 BGB voraus, dass der Kläger dem Beklagten eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat und dass diese Frist erfolglos abgelaufen ist, wenn nicht der Unternehmer zu Recht die Nacherfüllung in der vom Kläger geltend gemachten Form verweigert. Die Voraussetzungen liegen hier nicht vor: Der Kläger hat nicht in der not-wendigen Art und Weise den Beklagten zur Nacherfüllung aufgefordert. Daher konnte der Beklag-te zu Recht die Nacherfüllung verweigern. Die Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten, das eine Komplettsanierung für 18.000,00 € begründet, ist nicht geeignet, ohne weitere Konkretisierungen, als Grundlage für ein Nachbesserungsverlangen in Höhe von 4.000,00 € zu dienen. Der Kläger hat es verabsäumt, in seinem Nachbesserungsverlangen diejenigen Mängel konkret dazulegen, die nachzubessern sind. Hierauf hatte der Beklagte bereits vorgerichtlich aber auch im Rahmen der Klageerwiderung hingewiesen.
1. Das Landgericht München II hatte mit Urteil vom 14.11.2011 (Az. 14 O 1097/11) zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt, dass jedenfalls Nachbesserung bei Abholung des Fahrzeugs am 14.07.2010 nicht nachgewiesen worden war. Darauf, dass am 30.06.2010 beim Besichtigungstermin Nachbesserung verlangt worden sei, kam es nicht an, da ein Nachbesserungs-verlangen nur dann relevant sein kann, wenn die Arbeiten aus Sicht des Werkunternehmers bereits abgeschlossen waren, was unstreitig nicht der Fall gewesen war. Zwar hatte die Klagepartei erneut diesbezüglich einen Sachvortrag unterbreitet, das Landgericht hatte jedoch bereits rechtskräftig entschieden, dass bezüglich des 30.06.2010 und des 14.07.2010 kein ordnungsgemäßes Nachbesserungsverlangen erfolgt war und dass eine Nachbesserung nicht entbehrlich war. Dies hat das Landgericht in seinem Tenor durch Abweisung der Klage als (derzeit) unbegründet rechtskräftig festgestellt, dieser Subsumtionsschluss ist Gegenstand der materiellen Rechtskraft, welche einer erneuten Entscheidung insoweit entgegensteht (§ 322 ZPO).
2. Anders verhält es sich mit dem Nachbesserungsverlangen vom 15.11.2011. Hierüber ist nicht entschieden worden, es ist allein Gegenstand des hiesigen Verfahrens.
a) Allerdings erweist sich dieses Nachbesserungsverlangen als nicht geeignet. Der Kläger hätte genau darlegen müssen, welche Mängel zu beseitigen sind. Zwar kann auch eine Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten die Mängel hinreichend genau bezeichnen (vgl. BGH NJW 2009, 354). Das gilt aber dann nicht, wenn das Gutachten von anderen Bewertungsgrundlagen ausging, als es im späteren Nacherfüllungsverlangen der Fall ist. In der Klageschrift führte der Kläger aus: „ Der Kläger hatte bereits in dem Verfahren vor dem Landgericht München II -14 0 1097/11 – den entstandenen vom Gutachter geschätzten Gesamtschaden in Höhe von 18.000,00 € geltend gemacht. „
Der Kläger hat damit selbst zum Ausdruck gebracht, dass ihm bewusst war, dass sein Gutachten von Schäden in Höhe von 18.000,00 € ausging. Somit wusste er, dass dasselbe Gutachten nicht zugleich von Schäden in Höhe von 4.000,00 € ausgehen konnte. Das war geradezu evident.
Die Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten, das von einem Komplettsanierungsverlangen über 18.000 € ausging, reicht jedenfalls nicht aus, wenn ein Mangelbeseitigung “ nur“ in Höhe von 4.000,00 € erfolgen soll. Der Kläger muss in diesem Fall vielmehr deutlich machen, welche der Mängel er beseitig haben will, denn es kann nicht Aufgabe des Beklagten sein, sich aus dem Gutachten, das Mängel in Höhe von 18.000,00 € ausweist, Mängel in Höhe von 4.000,00 € herauszusuchen, denn er liefe stets Gefahr, dass der Kläger einwendet, der Beklagte hätte die falschen Mängel nachgebessert. Es würde damit eine ständige Nachbesserung der Nachbesserung drohen, mit dem Effekt, dass der Kläger am Ende entgegen seines Rahmen-Verlangens in Höhe von 4.000,00 € Mängel in Höhe von 18.000,00 € beseitig erhalten würde. Dies ist mit dem Sinn und Zweck der Nacherfüllung nicht vereinbar. Bei der Nacherfüllung handelt es sich um einen modifizierten Erfüllungsanspruch. Vor allem sind die Maßnahmen der Nacherfüllung jeden-falls bei der Mängelbeseitigung andere als bei der Erfüllung. Es müssen die Ursachen des jetzigen Zustandes geklärt werden, der Mangel muß freigelegt werden, es kommt zu nachbereiten-den Maßnahmen. (Staudinger/Peters/Jacoby, § 634 Rn. 27). Ziel der Nacherfüllung und des entsprechenden Anspruchs des Bestellers ist die Beseitigung des Mangels (Staudinger/Peters/Jacoby, § 634 Rn. 28); Dies bedeutet bei einer Lackierung für 4.000,00 €, dass dieser Rahmen auch bei der Nachbesserung zu berücksichtigen ist. Denn der Preis einer Leistung ist ein maßgebliches Kriterium für den Umfang der Arbeiten. Insoweit ging das Landgericht zu Recht davon aus, dass für die Vereinbarung einer Beschaffenheit „fachgerechte Ausführung der Lackierung inkl. Vorarbeiten“ (und nicht Notreparatur, optische Aufwertung des Fahrzeugs) keine besondere Vermutung spreche, da der Vertrag eben nicht über das Handwerksportal abgeschlossen wurde, sondern gesondert; Auch, so das Landgericht, angesichts des vereinbarten Preises von 4.000,00 € gegenüber den Kosten, die der Kläger für die fachgerechte Lackierung fordere, nämlich 18.000,00 € und der daraus ersichtlichen Diskrepanz (auch unter Berücksichtigung etwaiger Zusatzkosten durch behauptete fehlerhafte Arbeiten des Beklagten bzw. Einsparung von Kosten durch eine Auftragsweitergabe ins Ausland) könne nicht ohne weiteres angenommen werden, dass eine Lackierung über die von den Beklagtenseite genannte Ausführungs-weise hinaus vereinbart wurde (LG München II, Urteil vom 14.11.2011, Az. 14 O 1097/11, S. 5).
Das Amtsgericht schließt sich dieser Wertung an. Es sind auch keine neuen Anhaltspunkte vor-getragen worden, aus denen sich eine andere Bewertung ergeben könnte. (Insbesondere war der Kläger trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht zum Termin erschienen, eine Vollmacht nach § 141 Abs. 3 ZPO wurde nicht vorgelegt.).
Genau diese vom Kläger behauptete aber nicht dargetane Vereinbarung, nämlich eine fachgerechte Lackierung, legt aber das Gutachten der Klagepartei vom 01.10.2010 bei seiner Beurteilung zu Grunde. Aus diesem Grund kann das Nacherfüllungsverlangen der Klagepartei nicht die gesetzlichen Wirkungen entfalten, wenn sich der Kläger bei seinem Nachbesserungsverlangen darauf beschränkt, sich auf die in diesem Gutachten aufgezeigten Mängel zu beziehen und de-ren Beseitigung zu begehren. Der Kläger hätte bei seinem Nachbeseitigungsverlangen in Höhe von 4.000,00 genau bezeichnen müssen, welche Mängel in diesem Rahmen er nun beseitigt haben will und welche nicht. Dass hat er nicht getan.
b) Auf die Frage der Angemessenheit der Frist kommt es damit nicht an. Jedenfalls wäre eine unangemessen kurze Frist per se kein Unwirksamkeitsgrund (vgl. MünchKomm/Ernst § 323m Rn. 77 m.w.N.).
c) Auch im Wege des Schadensersatzes ergibt sich dieser Anspruch nicht, denn auch ein Schadenersatzanspruch setzt ein wirksames Nacherfüllungsverlangen voraus, welches, wie dargelegt, gerade nicht erfolgt ist (§§ 634 Nr. 4, 281 BGB).“
Anmerkung:
Rechnet man die Prozesskosten, die nun der Kläger für die beiden verlorenen Verfahren zu tragen hat, zu den bezahlten 4.000 € dazu, dann hätte der Kläger auch gleich eine Vollrestaurierung, die ihm anfangs zu teuer war, beauftragen können. Der Fall zeigt nicht nur, dass derjenige, der am falschen Ende spart, meist nicht gut beraten ist, sondern dass gerade auch im Bereich des Werkvertragsrechts eine gute und qualifizierte anwaltliche Beratung, will man bei Gericht bestehen, unabdingbare Voraussetzung ist.