Sie betreiben einen Onlineshop und verwenden allgemeine Geschäftsbedingungen? Dann kann Ihnen unabhängig davon, dass allgemeine Geschäftsbedingungen oftmals Angriffspunkte für Abmahnungen von Wettbewerbern sind, auch dann Ungemach drohen, wenn Sie die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht selbst erstellt haben oder haben erstellen lassen, sondern diese einfach aus einem anderen Shop, der Ihnen gefallen hat, übernommen haben. In einem solchen Fall kann es Ihnen nämlich passieren, dass Sie nicht (nur) von einem Mitbewerber, sondern von einem Rechtsanwalt abgemahnt werden, der behauptet Urheber dieser allgemeinen Geschäftsbedingungen zu sein und von Ihnen Unterlassung und Schadenersatz verlangt.
Wenn Sie eine solche Abmahnung erhalten haben, dann besteht aber kein Grund zur Panik. Verstöße gegen das Urheberrecht sind zwar kein Kavaliersdelikt. Trotzdem ist Ihre Position meist nicht aussichtslos, denn die Anforderungen, damit solche Ansprüche vor Gericht erfolgreich durchgesetzt werden können sind hoch und bei entsprechender Gegenwehr, wenn also der Abmahnende merkt, dass Sie kein leichtes Opfer sind, werden die Ansprüche, jedenfalls nach unserer Erfahrung, oft nicht weiter verfolgt.
Das AG Kassel hat in seinem Urteil vom 05.02.2015 (410 C 5684/13) aus eben diesem Grunde die Klage eines Rechtsanwalts, der die Urheberschaft an Allgemeine Geschäftsbedingungen behauptet hatte, abgewiesen, weil er nach Auffassung des Gerichts nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, dass er tatsächlich Urheber der für sich beanspruchten Allgemeinen Geschäftsbedingungen war.
Das Gericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
„Der Kläger hat bereits seine Urhebereigenschaft nicht schlüssig dargetan. Urheber ist derjenige, der im Wege eines Realaktes ein Werk schöpft. Gerade bei einem Text wird dies typischerweise nicht auf einer Handlung zu fixieren sein, sondern der Text wird typischerweise das Ergebnis eines längeren Überlegungs- und Formulierungsprozesses sein. Bei urheberschutzfähigen Texten eines Rechtsanwaltes im Rahmen seiner Berufsausübung wird man genauso typischerweise jedoch eine Einschränkung dahingehend machen müssen, dass diese durch einen konkreten Anlass bedingt sind, mithin durch ein konkret erteiltes Mandat. Dadurch lässt sich jedenfalls die Entstehung des juristischen Textes eines Rechtsanwaltes näher eingrenzen nach Beginn der Arbeiten, Abschluss der Arbeiten und im Hinblick auf den Auftraggeber für diesen Text.
Im Hinblick auf die hier vom Kläger als streitgegenständlich bezeichneten allgemeinen Geschäftsbedingungen hat er jedoch nicht dargetan, wie er diese geschaffen hat. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom … hat das Gericht bereits mit der Ladungsverfügung erteilten Hinweisen näher konkretisiert im Sinne der oben dargestellten Anforderungen. Hierzu hat der Kläger lediglich über seine Verfahrensbevollmächtigte erklärt, er habe seit 2006 für mehrere Mandanten immer wieder Allgemeine Geschäftsbedingungen entworfen und angepasst. Wann die hier konkret zur Debatte gestellte Fassung als erstellt angesehen werden kann, hat der Kläger indessen nicht erklärt.
Dies hätte er jedoch deswegen machen müssen, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht durchweg als individuelle geistige Schöpfung eines einzelnen Juristen angesehen werden können. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind u.a. in ihrer Entstehung dadurch besonderer Art, weil sie sich auf vorveröffentlichte einschlägige Sammlungen in Formularbüchern oder vergleichbaren Publikationen zurückführen lassen oder aus konkreten veröffentlichten und damit jedenfalls der Fachwelt allgemein zugänglichen Aufsätzen und Rechtsprechungsentscheidungen entnommen sind. Dies kann sogar so weit gehen, dass selbst die Kompilation bzw. Kombination von einzelnen AGB-Klauseln zu einem Gesamtwerk komplett einer solchen Veröffentlichung entnommen werden kann. Um die spezifische eigene schöpferische Leistung erfassen zu können, bedarf es mithin der detaillierten Darlegung, in welchem Umfang derartige Vorlagen eingesetzt wurden und in welchem Umfang alternativ eigene Neuformulierungen Eingang gefunden haben bzw. Zusammenstellung vorformulierter Teile der Texte vorgenommen wurde. Dabei spielten naturgemäß auch eine Rolle, für welche Art von Geschäftsbetrieb sowohl hinsichtlich der Vertriebswege als auch der vertriebenen Produkte und/oder Dienstleistungen ein solches Klauselwerk entworfen bzw. zusammengestellt ist. Erst dann lässt sich beurteilen, ob ein urheberrechtsschutzfähiges Werk überhaupt entstanden ist. Hierzu hat der Kläger nicht weiter vorgetragen.
…
Ohne dass es darauf noch ankäme, weist das Gericht darauf hin, dass die Klage auch hinsichtlich der Schadenshöhe unschlüssig geblieben ist. Der Kläger hat keinen nachvollziehbaren Vortrag dazu gehalten, wie Lizenzgebühren für Allgemeine Geschäftsbedingungen am Markt gebildet werden. Typischerweise wird die Schaffung von solchen Klauselwerken im Mandatsverhältnis nach den Regularien des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes honoriert. Urheberrechtlich von Bedeutung ist deswegen vorwiegend nur die Verwendung von publizierten allgemeinen Geschäftsbedingungen (wie oben ausgeführt). Der Kläger hat keinen Vortrag dazu gehalten, wie er publizistisch insoweit vorgegangen ist und insbesondere keinen Vortrag dazu, wie bei zulässiger oder unzulässiger Nutzung durch Vervielfältigung aus nicht von den jeweiligen AGB-Schöpfern autorisierten Publikationen ein Lizenzentgelt bzw. Lizenzanalogieschaden zu ermitteln ist. Auch insoweit fehlt es an Vortrag.“
Hinweis:
Wenn Sie also eine solche Abmahnung erhalten haben, dann sollten Sie keinesfalls ungeprüft die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben, sondern unbedingt rechtlichen Rat eines Urheberrecht versierten Rechtsanwalt in Anspruch nehmen. Wir helfen Ihnen gerne.