Wird im Rahmen eines zivilrechtlichen Rechtsstreits zu einer streitigen Frage ein Sachverständigengutachten eingeholt, dann geht oftmals der Streit erst richtig los, weil die Partei, für die das Gutachten ungünstig ist, damit nicht zufrieden ist. Die Parteien haben dann die Möglichkeit das Gutachten zunächst mit ergänzenden Fragen anzugreifen und „aufzuweichen“. Streitig war, ob daneben ein Anspruch darauf besteht, dass der Gutachter auch in der nächsten mündlichen Verhandlung gehört wird, wenn das Gericht dies nicht für erforderlich erachtet, weil es das Gutachten für überzeugend hält.
Der BGH hat nunmehr mit Beschluss vom 14.07.2009 (VIII ZR 295/08) klargestellt, dass dem Antrag einer Partei auf Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens das Gericht grundsätzlich zu entsprechen hat, auch wenn es das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und selbst keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht. Die Partei hat zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs nach §§ 397, 402 ZPO einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Erläuterung der Sache für erforderlich hält, zur mündlichen Beantwortung vorlegen kann (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1997 – VI ZR 252/96, NJW 1998, 162, unter II 2 a; Beschluss vom 22. Mai 2007 – VI ZR 233/06, NJW-RR 2007, 1294, Tz. 3, st. Rspr.). Beschränkungen des Antragsrechts können sich allenfalls aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs oder der Prozessverschleppung ergeben (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2002 – VI ZR 353/01, NJW-RR 2003, 208, unter II 1).
Fazit: Das Gericht darf die Anhörung des Sachverständigen daher nicht mit der Begründung ablehnen, die gestellte Frage sei schon im Gutachten des Sachverständigen beantwortet worden.