Immer dann, wenn es um Aufwendungsersatz bzw. Schadenersatz geht, gleichgültig, ob Wettbewerbsrecht, Verkehrsrecht oder auch privates Baurecht, taucht die Frage auf, ob dem Schädiger auch ein Anspruch auf Ersatz der (nicht bezahlten) Mehrwertsteuer zusteht. Macht ein abmahnender Rechtsanwalt die Mehrwertsteuer als Schadensposition mit gelten, dann ist dies meist ein Indiz dafür, dass er die als Ersatz geltend gemachten Gebühren gegenüber dem Auftraggeber nicht berechnet hat und so sein Aktenkonto wieder ausgleichen möchte. Dieses wäre nicht nur rechtsmissbräuchlich und würde eine Abmahnung deshalb unzulässig machen, sondern im Ergebnis auch als Betrug strafbar. Nachweisbar ist beides in der Praxis allerdings meistens nicht, weil nach dem Geschmack des Unterzeichners die Gerichte mit dieser Problematik viel zu lasch umgehen.
Wie ein in einer Bausache ergangenes Urteil des OLG München vom 15.12.2015 (9 U 701/13 Bau) zeigt, sind aber auch manche Gerichte, trotz der an sich eindeutigen Rechtslage unsicher. In dem vorgenannten Rechtsstreit hatte eine Wohnungseigentümergemeinschaft einen Bauträger erfolgreich auf Schadenersatz wegen vorhandener Mängel in Anspruch genommen. Obwohl die Mängel weder behoben worden waren noch beabsichtigt war die Mängel zu beheben verlangte die WEG die auf die Mängelbeseitigungskosten entfallende Umsatzsteuer erstattet und bekam zunächst beim Landgericht München I Recht. Nach Auffassung des Gerichts könne unter der maßgeblichen Geltung des alten Schuldrechts (die Verträge stammten aus den Jahren 1999 und 2000) auch dann verlangt werden, wenn diese noch nicht tatsächlich angefallen sei.
Das OLG München hat die Entscheidung hinsichtlich der Mehrwertsteuer korrigiert, denn diese kann als durchlaufender Posten, der keinem an der Mangelbeseitigung Beteiligten zugutekommt, nur dann als Schadenersatz verlangt werden, wenn sie auch tatsächlich bezahlt wurde. Dies gilt, so die Richter, auch für Verträge, auf die das vor der Modernisierung des Schuldrechts geltende Recht anwendbar ist. Denn der BGH leitet dieses Ergebnis nicht aus § 249 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. ab, sondern aus allgemeinen schadenersatzrechtlichen Erwägungen, die darauf abzielen, eine Überkompensation zu vermeiden.
Anmerkung:
Der BGH hatte bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 11.03.2015 (VII ZR 270/14) klargestellt, dass die Umsatzsteuer im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs nur dann verlangt werden kann, wenn die Umsatzsteuer auch tatsächlich bezahlt worden ist.
Wird also nur den Nettobetrag geltend gemacht und fällt hinterher noch Mehrwertsteuer an, so kann diese dann zusätzlich als weitere Schadensposition verlangt werden. Deshalb ist in derartigen Fällen empfehlenswert neben einem Zahlungsantrag auf den Nettobetrag auch einen Verstimmungsantrag dahingehend zu stellen, dass eine Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden festgestellt wird.
Ist der Anspruchsteller selbst Unternehmer und zum Abzug der Vorsteuer berechtigt, dann entfällt im Rahmen von Schadenersatzansprüchen (im Gegensatz zu Vergütungsansprüchen) der Anspruch auf Mehrwertsteuererstattung gänzlich, weil es sich dabei lediglich um einen Durchlaufposten handelt und die bezahlte Mehrwertsteuer im Rahmen des Vorsteuerabzugs berücksichtigt wird.