Einkommen und Vermögen sind in einer Ehe oft ungleichmäßig verteilt. Deshalb regelt das Gesetz, dass in einer Ehe die Partner dazu verpflichtet, sich gegenseitig zu unterstützen. Dies gilt auch bei Rechtsstreitigkeiten. Eine zentrale Vorschrift hierzu ist der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360a Abs. 4 BGB. Diese Vorschrift verhindert, dass eine Prozesspartei, die zwar selbst mittellos ist oder nur über bescheidene Einnahmen oder Vermögen verfügt, aber mit einem solventen Partner verheiratet ist, Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen kann. Doch gilt dieser Anspruch auch bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten? Dieser Artikel beleuchtet die Grundlagen des Prozesskostenvorschusses und analysiert eine aktuelle Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg, die klärt, ob ein solcher Anspruch bei Streitigkeiten um Arbeitsentgelt besteht.
Der Prozesskostenvorschuss nach § 1360a BGB
Der Prozesskostenvorschuss ist eine spezielle Form der Unterstützungspflicht zwischen Ehegatten. Nach § 1360a Abs. 4 BGB ist ein Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten die Kosten eines Rechtsstreits vorzuschießen, wenn dieser nicht in der Lage ist, die Kosten selbst zu tragen und der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit betrifft. Persönliche Angelegenheiten sind typischerweise solche, die eng mit der Person des Ehegatten verbunden sind, wie beispielsweise familiäre oder erbrechtliche Streitigkeiten.
Aktuelle Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
Im Jahr 2023 befasste sich das LAG Berlin-Brandenburg mit der Frage, ob ein Ehegatte auch bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten Anspruch auf einen Prozesskostenvorschuss hat. Der Fall betraf eine Arbeitnehmerin, die ihren Arbeitgeber auf Verzugslohn verklagte und hierfür Prozesskostenhilfe beantragt hatte. Das ArbG Berlin hatte die Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, dass die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen ihren Ehemann habe, der ein monatliches Nettoeinkommen von über 2.800 Euro erzielte.
Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg
Das LAG Berlin-Brandenburg entschied zugunsten der Arbeitnehmerin und bewilligte ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe (Beschluss vom 28.12.2023 – 12 Ta 960/23). Die Richter argumentierten, dass Streitigkeiten um Verzugslohn keine persönlichen Angelegenheiten im Sinne des § 1360a Abs. 4 BGB seien. Sie stellten fest, dass Entgeltstreitigkeiten in der Regel keinen qualifizierten Bezug zur Person des klagenden Arbeitnehmers aufweisen und somit nicht unter die Regelung des Prozesskostenvorschusses fallen.
Begründung der Entscheidung
Die Richter des LAG Berlin-Brandenburg wiesen darauf hin, dass es für eine persönliche Angelegenheit eines Ehegatten notwendig sei, dass der Rechtsstreit einen engen Bezug zur Person des Ehegatten habe, insbesondere zu seinem Geltungs- und Achtungsanspruch. Dieser Bezug fehle jedoch bei Streitigkeiten um offenen Restlohn, da diese primär wirtschaftliche und nicht persönliche Interessen betreffen. Im Gegensatz dazu könnten Streitigkeiten über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, wie sie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erwägung gezogen hatte, als persönliche Angelegenheit eingestuft werden, da hierdurch die berufliche Existenz des Arbeitnehmers direkt betroffen ist.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg verdeutlicht, dass nicht jede Rechtsstreitigkeit eines Ehegatten automatisch einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss nach § 1360a Abs. 4 BGB auslöst. Insbesondere arbeitsrechtliche Streitigkeiten, die keinen engen persönlichen Bezug zur Person des Ehegatten aufweisen, können hiervon ausgenommen sein. Diese Entscheidung bietet Klarheit und sorgt dafür, dass die Unterstützungspflichten zwischen Ehegatten im Rahmen des Zumutbaren bleiben.
Die aktuelle Rechtsprechung zeigt somit, dass wirtschaftliche Streitigkeiten wie solche um Arbeitsentgelt nicht unter den Schutz des Prozesskostenvorschusses fallen. Ehegatten sollten sich daher bewusst sein, dass sie in solchen Fällen möglicherweise keine Unterstützung vom Partner erwarten können und andere finanzielle Hilfen, wie Prozesskostenhilfe, in Anspruch nehmen müssen.
Der Fall zeigt aber auch, dass oftmals Gerichte vorschnell Entscheidungen treffen, ohne die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Wer sich hierdurch ins Bockshorn jagen lässt und aufgibt, hat das Nachsehen. Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren (Bertolt Brecht).