Umfangreiche Umbaumaßnahmen in einem Mietshaus sind ein Graus eines jeden Mieters, weil durch Lärm und Schmutz der Gebrauch der Mietsache erheblich beeinträchtigt wird. Dass Mieter dies nicht immer klaglos hinnehmen müssen verdeutlicht ein Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 12.03.2019 (2 U 3/19), das eine Frankfurter Anwaltskanzlei in eigener Sache erstritten hatte, weil der Erwerber die Immobilie, nachdem die Anwälte nicht bereit waren, den noch bis 2023 laufen Mietvertrag vorzeitig zu beenden, mit einer Kernsanierung in anderen Räumlichkeiten begonnen hatte, sodass ungestörtes Arbeiten nicht mehr möglich war.
Bank vs. Anwaltskanzlei
Die Klägerin betrieb im vierten Stockwerk eines Gebäudes in Frankfurt am Main eine Anwaltskanzlei und hatte einen befristeten Mietvertrag bis 2023. Nachdem 2018 eine Bank das Gebäude erworben hatte bat sie die Klägerin das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, weil sie selbst das Gebäude zum Betrieb eines Bankhauses nutzen wollte und dafür umfangreiche Umbauarbeiten durchgeführt werden müssten. Da die Kläger aber nicht daran dachten das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, auch nicht gegen Abstandszahlung, kündigte die Beklagte mehrfach umfangreiche Umbau- und Modernisierungsarbeiten an. Da auch dies die Kläger nicht zum Auszug bewegt hat begann die Beklagte schließlich ab November 2018 mit einer lärmintensiven Kernsanierung in den Untergeschossen. Die Anwälte sahen in der massiven Lärmbelästigung ihre Berufsausübung beeinträchtigt und zogen vor Gericht.
Richter bejahen Unterlassungsanspruch
Nachdem bereits zuvor das Landgericht Frankfurt gegen die Bank eine einstweilige Verfügung, mit der dieser aufgegeben wurde die lärmintensiven Umbauarbeiten, die den Gebrauch der Mietsache beeinträchtigen, zu unterlassen, weil die Anwälte hierdurch rechtswidrig in ihrem mietvertraglichen Besitzrecht beeinträchtigt werden, erlassen hatte, unterlag die Bank auch im Berufungsverfahren vor dem OLG Frankfurt.
Vertragsgerechter Gebrauch der Mietsache durch Umbau beeinträchtigt
Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, dass die Beklagte, die in das Mietverhältnis eingetreten ist, der Klägerin den vertragsgemäßen Gebrauch, also die Nutzung der Räumlichkeiten zum Betrieb einer Rechtanwaltskanzlei, bis zum Vertragsende, also dem 31.12.2023, gewähren müsse. Die hiermit zusammenhängenden geistig-gedanklichen Tätigkeiten müssten grundsätzlich ungestört durchgeführt werden können. Die Beklagten hätten deshalb Störungen dieses vertragsgemäßen Gebrauchs, insbesondere durch Lärm, Erschütterungen, Staub, Verschmutzungen oder sonstige Immissionen grundsätzlich zu unterlassen und zugleich solche Störungen durch Dritte abzuwehren. Die bereits durchgeführten und noch geplanten Bauarbeiten verletzten aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs, ihrer Intensität und ihrer Dauer den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Der geplante Abbruch sämtlicher Zwischenwände sowie Bodenbeläge in allen Stockwerken mittels elektrisch betriebener Schlagbohrmaschinen und Vorschlaghammer verursache zwangsläufig ganz erhebliche Lärm- und Staubbelästigungen sowie massive Erschütterungen, so die Richter.
Keine Duldungspflicht der Mieter
Weiter haben die Richter klargestellt, dass es sich im vorliegenden Fall bei den Arbeiten auch nicht um Renovierungs- und Umbauarbeiten handeln würde, mit denen jeder Mieter, beispielsweise im Zusammenhang mit einem Mieterwechsel, rechnen müsse und die deshalb zu dulden seien. Eine Renovierung und Umgestaltung, die vorliegend ausschließlich dem Interesse des Vermieters dient, damit die Räumlichkeiten künftig anders genutzt werden könnten, löst eine solche Duldungspflicht nicht aus. Eine solche ergebe sich auch nicht etwa aus Treu und Glauben, weil die Arbeiten in dem durchgeführten Umfang unzumutbar seien. Ganz im Gegenteil. Die Beklagte müsse ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen. Es sei ihr daher zumutbar die Arbeiten bis zum Ablauf des Mietvertrags zurückzustellen.
Umbauarbeiten auch nicht außerhalb üblichen Bürozeiten zulässig
Schließlich haben die Richter auch gleich noch klargestellt, dass es der Beklagten auch nicht gestattet sei die Umbauarbeiten in Zeiten außerhalb üblicher Bürozeiten, also beispielsweise nachts oder an Wochenenden und Feiertagen durchzuführen. Dies deshalb, weil zum einen die Mieter ein umfassendes Nutzungsrecht, also auch außerhalb üblichen Bürozeiten hätten und zum anderen gerichtsbekannt sei, dass Rechtsanwälte nicht nur zu üblichen Bürozeiten, sondern auch abends/nachts, an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen, jedenfalls gelegentlich, arbeiten würden.