Kommt ein Arbeitgeber mit beispielsweise der Zahlung von Arbeitslohn in Verzug, dann können Arbeitnehmer gleichwohl nicht die 40 € Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB verlangen, die das Gesetz grundsätzlich den Gläubigern bei Zahlungsverzug des Schuldners bei Entgeltforderungen zubilligt. Dies deshalb, weil § 12a ArbGG als Spezialvorschrift die Anwendbarkeit der Regelung aus dem BGB ausschließt (BAG, Urteil vom 25.09.2018 – 8 AZR 26/18).
§ 288 Abs. 5 BGB auf rückständige Lohnforderungen nicht anwendbar
Die nunmehr (vorerst) vom BAG abschließend geklärte Frage, ist bislang in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte unterschiedlich gehandhabt worden. So hatte beispielsweise das Arbeitsgericht München (Urteil vom 28.03.2017, 3 Ca 11254/16) keine Bedenken einen Arbeitgeber im Rahmen eines Rechtsstreits über rückständigen Lohn, bei dem der Arbeitgeber zunächst (zu Unrecht) die Zahlung wegen einer Verrechnung mit einem Arbeitgeberdarlehen verweigert hatte, zusätzlich zur Zahlung von 40 € Verzugspauschale zu verurteilen.
Die BAG Richter haben klargestellt, dass § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechend materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB ausschließe.
Richtervorlage zum EuGH könnte aber auch anderes Ergebnis zutage bringen
Die Richter am BAG hatten offensichtlich keinerlei Bedenken, ob dieses Rechtsverständnis auch mit Europarecht zu vereinbaren ist. Es hat deshalb dem EuGH die Frage der Vereinbarkeit mit Richtlinie 2011/7/EU nicht vorgelegt. Damit bleibt offen, ob in der Frage tatsächlich das letzte Wort gesprochen ist, denn jedes Arbeitsgericht als Instanzgericht, das hierzu eine andere Auffassung vertritt, wäre in der Lage im Rahmen eines sogenannten Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV diese Rechtsfrage nochmals vor den EuGH zu bringen. Es könnte dann entweder damit argumentieren, dass die Regelung des § 288 Abs. 5 BGB jünger ist und damit die ältere Vorschrift aus dem ArbGG aufhebt (lex posterior derogat legi priori) oder aber, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der jüngeren Regelung im BGB bewusst keine Ausnahme für den Geltungsbereich im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschaffen hat, also diese Regelung auch dort angewendet wissen wollte. Dies erst recht, weil der Arbeitnehmer völlig unstreitig nach § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen und gegebenenfalls auch nach § 288 Abs. 4 BGB weiteren Verzugsschaden setzt verlangen kann, so dass nicht ersichtlich ist, wenn die beiden Absätze problemlos auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar sein sollen, weshalb ein weiterer Absatz dieser Vorschrift, der dem Schuldner einer Entgeltforderung ohne Nachweis eine Verzugspauschale von 40 € gewährt, ohne dass dies ausdrücklich gesetzlich geregelt wäre, im Arbeitsrecht keine Anwendung finden soll.
Der Fall verdeutlicht einmal mehr, dass sich ebenso gut Argumente finden ließen, um eine andere Auffassung zu vertreten, also das Recht oftmals dann doch nicht durch den Gesetzgeber gemacht wird, sondern diejenigen, die darüber zu befinden haben, was der Gesetzgeber gemeint hat oder gemeint haben könnte. Auch, wenn es hier eher um einen Bagatellbetrag geht, sollte der Gesetzgeber seine Regelungen möglichst so klar formulieren, dass derartige Diskussionen obsolet wären.