Wer als Arbeitnehmer gegen Coronaschutzvorschriften des Arbeitgebers verstößt, der muss bekanntlich mit arbeitsrechtlichen Sanktionen rechnen. Wäre es zu bunt treibt, der riskiert sogar den Verlust des Arbeitsplatzes, wie ein Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 09.11.2021 (9 CA 163/21) verdeutlicht. Dort hatten die Richter die Kündigung eines 64-jährigen Berufsschullehrers, der das Maskentragen als völlig nutzlos eingestuft und die Coronapandemie als Verschwörung der weltweiten Pharmaindustrie bezeichnet hat, als wirksam bestätigt.
Leugnung von Corona und Missachtung von Schutzmaßnahmen kostet Lehrer den Arbeitsplatz
Der 64-jährige Kläger war beim Land Hessen als Berufsschullehrer beschäftigt. Im November 2020 war er unter anderem deshalb abgemahnt worden, weil er selbst den Mund-Nasen-Schutz nur bis unterhalb der Nase getragen, gegenüber Schülern das Tragen einer Schutzmaske als völlig nutzlos und die Corona-Pandemie als Verschwörung der weltweiten Pharmaindustrie bezeichnet hatte. Nachdem er es auch toleriert hatte, dass Schüler keinen Mund-Nasen-Schutz trugen, er das Lüften des Klassenzimmers unterließ und darüber hinaus sich auch geäußert hatte, dass die ersten KZ für Impfgegner wieder aufgebaut würden und er sich selbst darauf einstellen müsse, dorthin verbracht zu werden, wenn er sich nicht impfen lasse und darüber hinaus auch Corona als Lüge bezeichnete, kündigte das beklagte Land zunächst fristlos. Später einigte man sich mit dem Kläger darauf, dass die Kündigung keinen Bestand haben sollte. Gleichwohl kündigte das Land Hessen erneut am 17.06.2021 zum 31.12.2021 ordentlich.
Uneinsichtigkeit rechtfertigt Kündigung
Die Arbeitsrichter haben die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger trotz entsprechender Abmahnung, wobei eine solche gar nicht erforderlich gewesen wäre, keine Einsicht dahingehend gezeigt habe, dass ungeachtet seiner persönlichen Ansichten Arbeitsschutzvorschriften einzuhalten seien. Da dieser sich völlig uneinsichtig gezeigt und fortwährend auf sein Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen habe, sei im Falle seiner Rückkehr auf den Arbeitsplatz zu befürchten, dass er weiterhin offenkundige Tatsachen als diskutierbare Meinungsäußerungen bewerten und so Schüler und Schülerinnen verunsichern werde. Er werde jedoch die rechtlich zwingend vorgegebenen Infektion und Arbeitsschutzmaßnahmen in Zweifel ziehen und deren Durchsetzung gefährden. Dies sei dem Arbeitgeber nicht zumutbar. Das beklagte Land müsse ist zudem auch nicht hinnehmen, dass der uneinsichtige Kläger weiterhin Vergleiche zwischen der Verpflichtung Infektionsschutzmaßnahmen zu befolgen und der NS-Zeit herstelle.
Anmerkung:
Der Volksmund sagt: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing …“ Von daher hat der aufmüpfige Lehrer mit dem Feuer gespielt und sich verbrannt. Hätte er nicht seiner Überzeugung freien Lauf gelassen, sondern sich vorher darüber informiert, was rechtlich geht und was nicht, dann wäre er vielleicht auf einen Beschluss des BayVGH vom 09.09.1985 (3 CS 85A. 1575) gestoßen. Dort hatten die Richter seinerzeit bereits entschieden, dass der Dienstherr einem Lehrer untersagen kann, während des Unterrichts Kleidung in bhagwantypischen Farben (durchwegs einheitlich rote Bekleidung) zu tragen. Die Richter waren dabei zur Ansicht gelangt, dass der dort vor den Kadi gezogene Sannyasin sich nicht wirksam auf seine Grundrechte, unter anderem auch die Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 GG, berufen könne. Die Richter hatten dabei klargestellt, dass es nicht um die Farben ginge, die verboten seien im Unterricht zu tragen, sodass ein Lehrer, der nicht dieser Glaubensgemeinschaft angehöre, durchaus so gekleidet in die Schule kommen könne, dies aber nicht einem Anhänger Bhagwans gestattet sei, denn die Sachlage würde sich insoweit unterscheiden. Nur bei Letzterem könne die Kleidung in einheitlichen Rottönen die Neugierde der Schüler erwecken, die aber nur bei Anhängern des Bhagwan durch Beantwortung von möglichen Fragen der Schüler nach dem Grund dieser Bekleidung eine Beeinflussung auslösen könne. Es liege daher ein sachlicher Differenzierungsgrund für eine solche Ungleichbehandlung vor. Zu der Zeit als der Verfasser selbst noch Repetitor war und so mehr als 10 Jahre lang angehenden Juristen das für die Bayerischen Staatsexamina erforderliche Grundwissen im Verfassungsrecht beigebracht hat, war die Geschichte von „Hugo dem Sannyasin“, so hieß der Fall damals im Repetitorium, ein Lieblings Fall, um Grund und Grenzen der Grundrechte zu diskutieren. Heute ist die Problematik aktueller denn je.
Da Otto Normalverbraucher zwar weiß, dass es Grundrechte gibt, aber meistens nicht, was es damit auf sich hat, werden wir auf dieser Stelle in 2022 im Rahmen einer kurzen Serie mit dem Titel „Deutschland Deine Grundrechte“ in leicht verständiger Form das Grundlagenwissen präsentieren, das jeder mündige Staatsbürger parat haben sollte, um in diesen ungewöhnlichen Zeiten für sich selbst wohlüberlegt reflektieren zu können, was geht und was nicht.