Der Verlust des Arbeitsplatzes durch Arbeitgeberkündigung ist für jeden Arbeitnehmer ein einschneidendes Erlebnis, dass nicht nur das berufliche Selbstbewusstsein angekratzt, sondern oft auch negative Auswirkungen auf die Ehe hat. Gerade dann, wenn nach dem Verlust des Arbeitsplatzes auch die Ehe in die Brüche geht, kann, jedenfalls dann, wenn kein Ehevertrag vorhanden ist, unerwartet eine Verknüpfung zwischen Arbeitsrecht und Familienrecht dadurch entstehen, dass zwischen den Eheleuten Streit darüber entsteht, ob die Abfindung, die der Arbeitgeber gezahlt hat, im Rahmen des Zugewinnausgleichs auszugleichen ist. Dies jedenfalls dann, wenn sich der Wert der Abfindung noch im Vermögen des Ehegatten befindet. Hier kommt es also maßgeblich darauf an, wie dieser Vermögenszufluss, der als sozialer Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wurde, familienrechtlich einzustufen ist. Wir sagen Ihnen nachfolgend, worauf es ankommt.
Einführung
Die Frage, ob eine im Zuge einer Kündigung durch den Arbeitgeber erhaltene Abfindung im Rahmen einer Scheidung zugewinnausgleichspflichtig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab und ist Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen. Grundsätzlich kann eine Abfindung, die ein Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält, sowohl unterhaltsrechtlich als auch im Rahmen des Zugewinnausgleichs relevant sein. Die rechtliche Einordnung einer solchen Abfindung hängt insbesondere davon ab, ob sie primär Entschädigungscharakter für den Verlust des Arbeitsplatzes hat oder eher als Ersatz für entgangenes Arbeitseinkommen zu sehen ist.
Rechtsgrundlagen und Rechtsprechung
Nach §§ 1373 ff. BGB bemisst sich der Zugewinnausgleich nach dem Anfangs- und Endvermögen der Ehegatten. Eine arbeitsrechtliche Abfindung nach §§ 9 ff KSchG kann dabei grundsätzlich Teil des Endvermögens sein, sofern sie einen Vermögenszuwachs darstellt. Die Rechtsprechung und Literatur differenzieren jedoch nach dem primären Zweck der Abfindung. Handelt es sich um eine Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes (Entschädigungscharakter) oder dient sie dem Ausgleich für entgangenes Einkommen (Lohnersatzfunktion)?
Berücksichtigung bei der Unterhaltsberechnung und im Zugewinnausgleich
Eine Abfindung, die nachweislich der Überbrückung bis zur Erlangung eines neuen Arbeitsverhältnisses oder zur Kompensation längerfristiger Einkommensverluste dient, kann unterhaltsrechtlich als Einkommen berücksichtigt werden. Dies kann insbesondere relevant werden, wenn der Arbeitnehmer längerfristig keine neue Anstellung findet oder bis zum Renteneintritt arbeitslos bleibt. In solchen Fällen kann die Abfindung gestreckt und über einen längeren Zeitraum als Einkommen behandelt werden, um den Lebensstandard zu sichern.
Das Verbot der Doppelverwertung besagt, dass eine Abfindung nicht gleichzeitig im Zugewinnausgleich und bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt werden darf. Wird die Abfindung als Einkommen im Rahmen des Unterhalts berücksichtigt, erhöht sie nicht das für den Zugewinnausgleich relevante Endvermögen.
Es gilt hier im Einzelfall kein „Alles oder Nichts-Prinzip“, sondern es ist auch möglich, dass ein Teil der Abfindung als Unterhalt zu berücksichtigen ist, so dass nur ein Teil der Abfindung ausgleichspflichtig wird. So hat beispielsweise das OLG Karlsruhe (2 UF 213/12) eine Abfindung in Höhe von 70.000 € brutto ( = 42.740 € netto), die der Ehemann, der Nettoeinkommen von 1.800 € hatte, für den Verlust des Arbeitsplatz erhalten hatte, nur noch in Höhe von 16.000 € zur Berechnung des Zugewinnausgleichs herangezogen, weil nach seiner Schätzung der als Unterhalt für seinen Lebensbedarf verbraucht werden konnte.
Fazit
Die Einordnung einer Abfindung im Rahmen einer Scheidung erfordert eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls, wobei der Zweck der Abfindung (Entschädigungscharakter vs. Lohnersatzfunktion) eine entscheidende Rolle spielt. Während eine als Lohnersatz dienende Abfindung unterhaltsrechtliche Relevanz besitzt und über einen längeren Zeitraum verteilt werden kann, ist eine als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindung eher im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen. Gerade bei langfristiger Arbeitslosigkeit oder wenn absehbar ist, dass bis zum Renteneintritt keine neue Beschäftigung gefunden wird, sind diese Aspekte von besonderer Bedeutung. Die Rechtsprechung bietet Orientierung, fordert aber eine differenzierte Betrachtung jedes Einzelfalls.
Anmerkung:
Diese Problematik stellt sich nur für Eheleute, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, weil es nur dort einen Zugewinnausgleichsanspruch gibt.
Für den Fall, dass die Ehegatten über keine getrennten Konten verfügen, sondern nur ein gemeinsames Ehegattenkonto haben, auf das die Abfindungszahlungen geflossen ist, ist die aufgezeigte Problematik regelmäßig auch nicht relevant, weil bei dem gemeinschaftlichen Ehegatten Konto die Vermutung besteht, dass das Guthaben beiden Ehegatten gemeinschaftlich gehört, so dass also insoweit, sich jedenfalls aus dem Ehegatten Konto, für keinen der beiden ein Zugewinn ergibt. Wer hier also verändern möchte, dass eine Abfindung, die vielleicht nach den vorgenannten Grundsätzen gar nicht ausgleichpflichtig ist, am Ende über diese Vermutungswirkung denn doch hälftig dem anderen Ehegatten zufließt, der muss frühzeitig darauf achten, dass die Abfindungszahlungen entweder auf ein eigenes Konto geht oder aber jedenfalls, wenn der Arbeitgeber, so wie bisher das Gehalt, auf das Ehegatten Konto bezahlt hat, die Abfindung zeitnah von dort auf ein eigenes Konto transferiert wird, um so die Vermutungswirkung auszuhebeln.