Das Arbeitszeugnis ist ein zentrales Dokument am Ende eines Arbeitsverhältnisses. Es kann jedoch, insbesondere bei Kündigungen durch den Arbeitgeber aufgrund von Leistungsmängeln oder gestörtem Vertrauen, zu Streitigkeiten führen. Dies deshalb, weil es dem Arbeitgeber regelmäßig widerstrebt, einem sog. Lowperformer auch noch Dank für die geleisteten Dienste auszusprechen und sein Ausscheiden aus dem Betrieb zu bedauern. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 06.06.2023 (9 AZR 272/22) beleuchtet die rechtlichen Aspekte und Konsequenzen rund um das Thema Arbeitszeugnis.
Rechtlicher Hintergrund
Gemäß § 109 Gewerbeordnung (GewO) hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zeugnis, das Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit sowie auf Verlangen auch Angaben zu Leistung und Verhalten enthält. Auch muss es wohlwollend formuliert sein. Dies bedeutet, der Arbeitgeber darf nicht zum Ausdruck bringen, was er wirklich über den Arbeitnehmer denkt. Eine häufig diskutierte Frage ist, ob dieses Recht auch die sogenannte Abschlussformel, die Ausdrücke wie „Dank“, „Bedauern“ und „gute Wünsche“ beinhaltet, umfasst. Das BAG hat in seinem Urteil vom Juni 2023 klargestellt, dass es zwar keinen solchen Rechtsanspruch gibt, das Ermessen des Arbeitgebers aber aufgrund der Umstände des Einzelfalls reduziert sein kann.
Darum geht es
Im konkreten Fall ging es um die Streichung der Abschlussformel aus einem Arbeitszeugnis. Die Klägerin, die zwischen 2017 und 2021 bei der Beklagten beschäftigt war, hatte nach Korrekturen in ihrem Arbeitszeugnis festgestellt, dass die ursprünglich enthaltene Abschlussformel in der finalen Version fehlte. Sie klagte daraufhin gegen die Beklagte.
Entscheidung des BAG
Das BAG entschied, dass die Klägerin Anspruch auf die in den ersten beiden Zeugnissen enthaltene Abschlussformel hat. Das Weglassen dieser Formel wurde als Verstoß gegen das Maßregelungsverbot gewertet. Dieses Verbot schützt die Willensfreiheit des Arbeitnehmers und verbietet es dem Arbeitgeber, den Arbeitnehmer zu benachteiligen, weil dieser seine Rechte ausübt.
Rechtliche Einordnung und Konsequenzen für die Praxis
Das Urteil unterstreicht die Bedeutung von Klarheit und Transparenz im Umgang mit Arbeitszeugnissen. Arbeitgeber sollten bei der Erstellung von Arbeitszeugnissen sorgfältig vorgehen und sicherstellen, dass Änderungen im Zeugnisinhalt gut begründet und kommuniziert werden. Es ist ratsam, in sensiblen Situationen den Entwurf eines Zeugnisses vor der Unterzeichnung abzustimmen, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Insgesamt zeigt das Urteil, dass das Arbeitszeugnis nicht nur ein formales Dokument ist, sondern auch eine bedeutende rechtliche und praktische Relevanz hat. Es dient nicht nur als Nachweis über die Dauer und Art der Tätigkeit, sondern kann auch erhebliche Auswirkungen auf die zukünftigen Berufschancen des Arbeitnehmers haben. Daher ist es für beide Parteien – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – von größter Bedeutung, dieses Dokument mit der gebotenen Sorgfalt und Rücksichtnahme zu behandeln.