Wird ein Kind (juristisch: Abkömmling) oder ein Ehegatte enterbt, dann entsteht zwischen dem oder den Erben einerseits und dem Enterbten andererseits oft Streit um die Höhe des Pflichtteils.
Steht der Wert des Nachlasses nicht fest, dann kann der Pflichtteilsberechtigte zunächst in einem ersten Schritt Auskunft und die Erstellung (auch eines notariellen) Nachlassverzeichnisses verlangen, um dann in einem zweiten Schritt den Anspruch der Höhe nach zu beziffern.
Besteht Streit über die Bewertung einzelner Nachlassgegenstände, was regelmäßig bei Immobilien der Fall ist, dann hat der Pflichtteilsberechtigte auch einen Anspruch darauf, dass zur Wertbestimmung ein Sachverständigengutachten eingeholt wird.
Das Pflichtteilsrecht ist aber keine Einbahnstraße. Dies bedeutet, dass umgekehrt auch der Pflichtteilsberechtigte dem Erben Auskunft über solche lebzeitigen Zuwendungen schuldet, die auf den Pflichtteil nach § 2315 BGB anzurechnen sind. Ein solcher Anspruch ergibt sich nach einem Urteil des OLG Koblenz vom 25.11.2015 (5 U 779/15) aus § 2057 BGB in entsprechender Anwendung sowie § 242 BGB. Werden von Seiten des Erben konkrete Zuwendungen in den Raum gestellt, dann trifft den Pflichtteilsberechtigten die sekundäre Darlegungslast. Dies bedeutet er genügt seiner Auskunftspflicht nicht, wenn er lediglich behauptet er habe seitens des Erblassers keine Zuwendungen mit der Bestimmung erhalten, sich diese auf einem Pflichtteil anrechnen zu lassen.
Anmerkung:
Die Entscheidung steht im Widerspruch zu den Entscheidungen des OLG München 14 U 3585/12 sowie 1 U 56/13.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.