Nachdem wir zuletzt davon berichtet haben, dass das OLG Hamm einer Käuferin, die ein vom Abgasskandal betroffenen VW Polo gekauft hatte Prozesskostenhilfe bewilligt hat, hat nun das OLG Celle nachgelegt und mit Beschluss vom 30.06.2016 (7 W 26/16) der Käuferin eines Fahrzeugs der Marke Skoda, bei dem der Motor ebenfalls mit der Manipulationssoftware ausgestattet war, und die deshalb, ohne Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen, sofort den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte, Prozesskostenhilfe bewilligt.
Während zuvor das Landgericht noch den Antrag zurückgewiesen hat, haben hier die Richter darauf hingewiesen, dass Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgassoftware einen Mangel im Sinn des Kaufrechts aufweisen.
Ob die Nacherfüllung unmöglich sei, könne nicht im Prozesskostenhilfeverfahren, sondern nur im Klageverfahren entschieden werden. Der Abgasskandal werfe schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen auf, die bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt seien und die nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden könnten. Diese Fragen müssten vielmehr einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden. Offen sei insbesondere die im vorliegenden Fall nur durch einen Sachverständigen zu überprüfende Frage, ob der Mangel an der Abgassoftware beispielsweise mittels eines Software-Updates folgenlos beseitigt werden könne oder ob eine technische und/oder merkantile Wertminderung des Fahrzeugs zurückbleibe.
Sollte eine Nachbesserung wegen des Verbleibs nachteiliger Folgen für das Fahrzeug objektiv unmöglich sein, seien grundsätzlich sowohl das Rücktrittsbegehren als auch das Schadenersatzbegehren begründet. Für den Fall, dass der Mangel folgenlos behoben werden könne, dürfe sich das Rücktrittsbegehren hingegen als unbegründet darstellen.
Anmerkung:
Die Entscheidung ist quasi ein Freifahrtschein für finanzschwache Käufer. Diese können nunmehr unter Bezugnahme auf diese Entscheidung, aber auch die Entscheidung des OLG Hamm, ohne eigenes wirtschaftliches Risiko klagen. Neben der durch ein Urteil gegebenen „Alles-oder-Nichts-Situation“ besteht nämlich hier noch die komfortable Möglichkeit, dass Volkswagen, jedenfalls dann, wenn mit negativem Ausgang des Verfahrens gerechnet werden muss, Ausgleichszahlungen mit Verschwiegenheitsklausel anbieten wird, so dass die betroffenen Käufer, wenn der angebotene Betrag bestimmt, auch im Vergleichsweg von dem Verfahren Abstand nehmen können. Die mit den Verfahren befassten Gerichte werden ihr Übriges dazu beitragen, die Vergleichsbereitschaft bei Volkswagen zu erhöhen.
Die Entscheidung hat aber auch Auswirkungen für diejenigen Käufer, deren Rechtsschutzversicherung Schwierigkeiten macht, weil nunmehr es den Versicherungen immer schwieriger wird, die vertraglich geschuldete Deckung zu verweigern.
Haben Sie auch ein betroffenes Fahrzeug und überlegen sich den Kauf rückabzuwickeln? Wir unterstützen Sie gerne.