Mit Eintritt des Erbfalls, also dem Tod des Erblassers oder der Erblasserin, geht der Nachlass als Ganzes und ungeteilt auf den oder die Erben über, § 1922 BGB (sog. Gesamtrechtsnachfolge). Dies bedeutet, dass die Erben nun an die Stelle des oder der Verstorbenen treten. Gibt es einen Alleinerben, dann ist dies insoweit unproblematisch. Probleme treten regelmäßig dann auf, wenn mehrere Erben eine Erbengemeinschaft bilden. Dies deshalb, weil die Erbengemeinschaft zum einen so ausgelegt ist, dass keiner ohne den anderen etwas entscheiden kann und zum anderen in solchen Erbengemeinschaften oft sehr schnell das Hauen und Stechen losgeht, weil gerade unter Geschwistern oft über Jahre aufgestaute Emotionen in die Erbauseinandersetzung eingebracht werden. Die Erbengemeinschaft ist nämlich keine Gemeinschaft, etwa wie eine BGB-Gesellschaft, die auf Dauer angelegt ist, sondern sie ist auf Auseinandersetzung gerichtet. Sind die Erben nicht willens und in der Lage, sich auseinanderzusetzen, dann wird auf Antrag eines Miterben eine solche Ausnahmesetzung früher oder später durch ein Gerichtsverfahren erfolgen.
Der Weg dahin kann steinig und schwer sein, nicht nur, weil die Macht des Faktischen nicht unterschätzt werden darf, was bedeutet, dass derjenige, der dreist ist und sich im Besitz von Nachlassgegenständen und/oder Unterlagen bringt, stets im Vorteil ist, weil dann der andere oder die anderen Erben, gezwungen werden, wenn sie dies nicht klaglos hinnehmen wollen, immer wieder meist unnütze Streitigkeiten vor Gericht zu führen, die Zeit und Geld kosten. Gerade bei größeren Nachlässen, sind hier nicht nur gute Nerven erforderlich, weil solche Streitigkeiten sehr emotional sind und an die Substanz gehen, sondern auch die eigene finanzielle Situation spielt eine ganz entscheidende Rolle, weil Erbstreitigkeiten Geld kosten und damit solche Miterben, die sich die Streitigkeiten problemlos leisten können, klar im Vorteil gegenüber denjenigen Miterben sind, die zwar irgendwann Geld aus dem Nachlass zu erwarten haben, auf das sie aber augenblicklich noch nicht zugreifen können und nicht über das nötige Einkommen oder die nötigen Rücklagen verfügen, um solche Streitigkeiten auf Augenhöhe zu führen.
Prozessfinanzierung kann im Einzelfall Kosten einzelner Streitigkeiten abfedern
Im Einzelfall können Streitigkeiten, jedenfalls dann, wenn sie finanzieller Natur sind, auch über sogenannte Prozessfinanzierer finanziert werden. Dies sind meist Gesellschaften, manchmal auch Privatpersonen, die Rechtsstreitigkeiten gegen eine Beteiligung am Erlös ganz oder teilweise vorfinanzieren. Der Nachteil ist, dass im Rahmen einer Erbauseinandersetzung oft auch Streitigkeiten geführt werden müssen, die nicht finanzieller Natur sind, wenn beispielsweise Auskunftsansprüche geltend gemacht werden müssen, oder aber zur Erfüllung eines Vorausvermächtnisses mit einer einzelligen Verfügung eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen werden soll. Ein weiterer Nachteil ist, dass der Prozessfinanzierer zwar die Kosten abfedern, man aber gleichwohl emotional im Streit ums Erbe gefangen bleibt. Wer Mitglied einer solchen streitbefangenen Erbengemeinschaft ist, der kann ein Lied davon singen.
Verkauf des Erbteils bietet nicht nur schnelle Liquidität, sondern auch emotionale Befreiung
Ein einfacher Weg dies alles hinter sich zu lassen, kann der Verkauf des Erbteils sein. Miterben können zwar nicht ohne die Zustimmung der übrigen Miterben über einzelne Nachlassgegenstände verfügen. Im Gegensatz dazu können sie aber, ohne dass die Miterben etwas dagegen unternehmen könnten, den ganzen Erbteil an einen Dritten verkaufen. In einem solchen Fall haben die Miterben dann lediglich nach § 2034 BGB ein Vorkaufsrecht. Dies bedeutet, sie können innerhalb einer Frist von 2 Monaten in den mit dem dritten abgeschlossenen notariellen Kaufvertrag eintreten und zu diesen Konditionen den Erbteil des ausgeschiedenen Erben erwerben. Ähnlich, wie bei der Prozessfinanzierung, gibt es auch hier wieder Gesellschaften, die entweder den Verkauf vermitteln oder gleich selbst erwerben. Der größte Vorteil für den veräußernden Miterben ist neben dem zeitnahen Zufluss finanzieller Mittel der, dass die Streitigkeiten damit ein Ende haben und sich nun ein anderer, nämlich der Erwerber, mit den streitsüchtigen Miterben auseinandersetzen muss. Dieser ist dafür nicht nur besser geeignet, weil er oft die nötige Erfahrung mitbringt und darüber hinaus regelmäßig auch die nötige Liquidität, um solche Streitigkeiten gelassen führen zu können, sondern, und dies ist unseres Erachtens der größte Vorteil, weil er die Sache völlig frei von Emotionen aus der Familienhistorie, die zuvor die Streitigkeiten befeuert hat, führen kann. Von daher hat die Veräußerung des Erbteils nicht nur für den ausscheidenden Miterben den Vorteil, frei zu sein, sondern auch die Begleitfolge, dass nunmehr den streitsüchtigen Miterben die Projektionsfläche fehlt, um ihre emotionalen Befindlichkeiten weiter zum Gegenstand der Erbauseinandersetzung zu machen.
Sind auch Sie Mitglied einer Erbengemeinschaft, dann beraten und unterstützen wir Sie gerne bei der Auseinandersetzung mit Ihren Miterben, aber auch zu Fragen der Prozessfinanzierung oder aber der Veräußerung des Erbteils und zwar deutschlandweit.
Tipp:
Wenn Sie zwar nicht Mitglied einer Erbengemeinschaft sind, aber Ihren Nachlass regeln möchten, dann sollten Sie Ihren Kindern bzw. Ihren Kindern und dem überlebenden Ehegatten, etwas Gutes tun und tunlichst die Bildung einer Erbengemeinschaft vermeiden. Wird beispielsweise ein Kind zum Erben eingesetzt und das andere über Vermächtnisse bedacht, dann ist eine solche Nachlassregelung klarer und weniger streitbefangenen, als wenn Sie gar nichts regeln und sich damit eine Erbengemeinschaft kraft Gesetzes bildet oder aber Sie Ihre Kinder mit oder ohne dem überlebenden Ehepartner, zu Miterben machen. Selbst, wenn sich dann der Nachlass nicht auf Euro und Cent gleich verteilen lässt, ist eine kleine „Ungerechtigkeit“ bei der Höhe der Zuwendungen, allemal Vorzugswürdigkeit und Ihre Erben werden es Ihnen danken. Zum einen bleiben diesen dann nämlich kostspielige Streitigkeiten erspart, sodass meist unter dem Strich auch für das benachteiligte Kind, mehr übrigbleibt, als dann, wenn eine Erbengemeinschaft streitig auseinandergesetzt worden ist und es besteht zumindest die Chance, dass der Familienfrieden nicht dauerhaft unwiederbringlich zerstört wird. So mancher Erblasser, der entweder, weil er schlecht beraten war, oder aus falsch verstandene Gerechtigkeitssinn anders gehandelt hat, hat hier nicht nur nach seinem Ableben die Familie entzweit, sondern auch ganz erheblich sein eigenes Andenken beschädigt, wenn er doch unbedachte testamentarischen Regelungen seine Kinder in jahrhundertelange juristische Auseinandersetzungen treibt. Hier sollten Sie also auch aufpassen, dass Sie nicht Ihr eigenes Andenken beschädigen.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.