Sterbegeldversicherungen sind für viele Menschen ein Mittel, um ihre Angehörigen vor den hohen Kosten einer Beerdigung zu schützen. Doch die rechtliche und steuerliche Behandlung der Auszahlung aus einer Sterbegeldversicherung ist komplex. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 10.07.2024 – II R 31/21) mit der Frage auseinandergesetzt, ob und in welchem Umfang diese Leistungen zum Nachlass gehören und wie sie steuerlich zu behandeln sind. Er ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass einerseits Leistungen aus der Sterbegeldversicherung zum Nachlass zählen und damit bei der Berechnung der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen sind, andererseits aber die Beerdigungskosten steuermindernd gegengerechnet werden können.
Was ist eine Sterbegeldversicherung?
Eine Sterbegeldversicherung dient dazu, die finanziellen Belastungen einer Bestattung zu decken. Der Versicherungsnehmer zahlt regelmäßig Beiträge, um im Todesfall eine vorab festgelegte Summe an die Hinterbliebenen oder direkt an ein Bestattungsunternehmen auszahlen zu lassen. Diese Versicherungsform wird häufig genutzt, um sicherzustellen, dass die Kosten der Beerdigung gedeckt sind und die Erben nicht belastet werden.
Entscheidung des BFH: Sterbegeld zählt zum Nachlass
Der BFH hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Geschwisterpaar Erben der verstorbenen Tante waren. Die Tante hatte eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen, die eine Auszahlung in Höhe von knapp 6.900 Euro an das beauftragte Bestattungsinstitut vorsah. Die Gesamtkosten der Beerdigung beliefen sich auf über 11.000 Euro. Das zuständige Finanzamt behandelte die Auszahlung aus der Sterbegeldversicherung als Bestandteil des Nachlasses und setzte sie entsprechend bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer an.
Der BFH bestätigte, dass die Versicherungsleistung zum Nachlass gehört, da ein Sachleistungsanspruch, der sich auf die Bestattungskosten bezieht, auf die Erben übergeht. Die Summe der Versicherungserstattung erhöht damit die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer. Für den Bruder als Kläger bedeutete dies eine höhere Steuerbelastung.
Steuerliche Berücksichtigung der Bestattungskosten
Entscheidend war jedoch die Frage, in welchem Umfang die Bestattungskosten steuerlich absetzbar sind. Das Finanzamt hatte die Pauschale gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG angesetzt, die zum Zeitpunkt des Falls 10.300 Euro betrug. Der Kläger forderte jedoch die vollständige Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Kosten.
Der BFH entschied zugunsten des Klägers: Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind die Bestattungskosten in vollem Umfang als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, soweit sie nachgewiesen werden können. Die pauschale Begrenzung der Erbfallkosten greift nur, wenn keine höheren tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden. Das Finanzgericht (FG) Münster hatte diese Differenzierung nicht beachtet, weshalb der BFH die Sache zur weiteren Prüfung zurückverwies.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung des BFH hat weitreichende Konsequenzen für die Behandlung von Sterbegeldversicherungen und Bestattungskosten im Erbschaftsteuerrecht:
- Einbindung in den Nachlass: Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung erhöhen den steuerpflichtigen Nachlass. Versicherungsnehmer sollten dies bei der Nachlassplanung berücksichtigen.
- Steuerliche Absetzbarkeit: Bestattungskosten können über die Pauschale hinaus abgesetzt werden, wenn sie vollständig nachgewiesen werden. Für Erben empfiehlt es sich, sämtliche Belege sorgfältig aufzubewahren.
- Nachlassplanung optimieren: Um steuerliche Nachteile zu minimieren, sollten Sterbegeldversicherungen und die Nachlassstruktur gemeinsam betrachtet werden. Eine frühzeitige Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater ist hierbei unerlässlich.
Fazit
Das Urteil des BFH verdeutlicht, dass die Auszahlung aus einer Sterbegeldversicherung als Bestandteil des Nachlasses steuerlich erfasst wird. Gleichzeitig können jedoch alle nachgewiesenen Bestattungskosten steuermindernd berücksichtigt werden. Für Erben bedeutet dies einerseits eine erhöhte Steuerlast durch die Versicherungsleistung, andererseits jedoch die Möglichkeit, die tatsächlichen Beerdigungskosten vollumfänglich geltend zu machen. Eine sorgfältige Planung und Dokumentation aller Kosten ist entscheidend, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
Für weitere Informationen oder eine individuelle Beratung zur Nachlassplanung stehen wir Ihnen als erfahrene Rechtsanwälte zur Verfügung.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
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