Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen besonderen Kündigungsschutz. Will der Arbeitgeber kündigen, muss er vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Integrationsamts eingeholt haben, § 85 SGB IX . Gerade dann, wenn Unternehmen in der Insolvenz verkauft werden, können sich hier Probleme geben. Das BAG hat nunmehr in seinem Urteil vom 15.11.2012 (8 AZR 827/11) klargestellt, dass eine dem Insolvenzverwalter erteilte Zustimmung nicht auch zugleich eine Kündigung durch den Erwerber nach erfolgtem Betriebsübergang rechtfertigt. Dies jedenfalls dann, wenn der Insolvenzverwalter die Erteilung der Zustimmung i.S.d. § 85 SGB IX beantragt hat und die Zustimmung auch mit diesem zugestellt worden ist.
Nach Ansicht der Richter spricht hierfür bereits der Wortlaut des § 87 Abs. 1 S.1 SGB IX, nach welchem „der Arbeitgeber“ die Zustimmung beim zuständigen Integrationsamt schriftlich zu beantragen hat. Die Entscheidung des Integrationsamts, also insbesondere auch die Zustimmung zur Kündigung, ist nach § 88 Abs. 2 S.1 SGB IX „dem Arbeitgeber“ und dem Schwerbehinderten zuzustellen. Der Erwerber als kündigender Arbeitgeber habe aber weder die Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt beantragt noch ist ihm von diesem der Zustimmungsbescheid zugestellt worden. Damit war dem Betriebserwerber die zur Kündigung nach § 85 SGB IX erforderliche vorherige Zustimmung zur Kündigung nicht erteilt worden.
Auch der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung spreche, so das BAG, dafür, dass es auf die Arbeitgebereigenschaft des die Zustimmung Beantragenden und Kündigenden ankomme. Denn regelmäßig wisse nur der Arbeitgeber, aus welchen personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen er einem Arbeitnehmer kündigen will. Diese Gründe habe er bereits im Antrag auf Zustimmung des Integrationsamts oder gegebenenfalls nach entsprechender Aufforderung durch dieses mitzuteilen Diese Kündigungsgründe muss das Integrationsamt dann seinem Verfahren nach den Vorschriften des SGB IX zugrunde legen. Damit erteile es dem antragstellenden Arbeitgeber eine Zustimmung aufgrund der ihm von diesem mitgeteilten Gründe. Diesem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung widerspräche es, wenn ein anstelle des bisherigen Arbeitgebers in das Arbeitsverhältnis eingetretener neuer, am Zustimmungserteilungsverfahren unbeteiligter Arbeitgeber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer gegebenenfalls aus Gründen kündigen dürfte, die dem Integrationsamt durch den alten Arbeitgeber nicht mitgeteilt worden waren.
Tipp:
Für Betriebserwerber gilt es daher zukünftig darauf zu achten, dass entweder die „ungewollten“ Arbeitnehmer bereits wirksam bei Betriebsübergabe gekündigt sind oder die für eine wirksame Kündigung notwendigen Vorschriften vom Erwerber selbst vollumfänglich beachtet und erfüllt werden.