Gerät der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, dann erlangt der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Lohnzahlung auch ohne dass er gearbeitet hat nach den Regelungen des Annahmeverzugs. Ein solcher Verzugslohnanspruchs spielt regelmäßig dann eine Rolle, wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gekündigt hat und später im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt hat, dass die Kündigung unwirksam war. In derartigen Fällen hat der Arbeitnehmer auch für den Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist einen Anspruch auf Lohnzahlung nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs. Er muss sich dabei allerdings das anrechnen lassen, dass er in dieser Zeit anderweitig erworben hat, also im Rahmen einer anderen Beschäftigung verdient, oder aber mutwillig unterlassen hat zu erwerben, weil er sich nicht darum bemüht hat, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
Die Regeln über den Annahmeverzug des Arbeitgebers können aber regelmäßig auch dann auftauchen, wenn im Falle eines Betriebsübergangs der alte Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis auf den Übernehmer übergegangen ist, ein Rückkehrrecht eingeräumt hat. Ein solches wird manchmal dann eingeräumt, wenn der Arbeitnehmer befürchten muss, dass der Übernehmer am Markt nicht überleben wird, so dass ein Insolvenzrisiko droht.
In einem vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19.08.2015 (5 AZR 975/3) letztinstanzlich entschieden Fall hatte sich eine Arbeitnehmerin, die ein solches Rückkehrrecht bei einem Betriebsübergang eingeräumt worden war, zunächst in ein Arbeitsverhältnis mit ihrem vormaligen Arbeitgeber zurück geklagt, nachdem der Übernehmer in Insolvenz geraten und deshalb das Arbeitsverhältnis gekündigt worden war. Mit ihrer neuerlichen Klage verlangte sie nunmehr von ihrem Arbeitgeber für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beim Übernehmer bis zur Wiedereinstellung rückständigen Arbeitslohn nach den Regelungen über den Annahmeverzug des Arbeitgebers.
Während sie sowohl beim Arbeitsgericht als auch beim Landesarbeitsgericht Recht bekam, hat das Bundesarbeitsgericht aufgrund der Revision des Arbeitgebers die Urteile aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil es einen solchen Zahlungsanspruch nicht zu erkennen vermochte.
Nach Auffassung der Bundesrichter setzt der Anspruch aus Annahmeverzug des Arbeitgebers ein tatsächlich durchführbares Arbeitsverhältnis voraus. Ein rückwirkend begründetes Arbeitsverhältnis ist aber für in der Vergangenheit liegende Zeiträume nicht tatsächlich durchführbar, so dass es bereits an dieser Grundvoraussetzung fehle.
Nachdem der alte Arbeitgeber zunächst die Wiedereinstellung unter Berufung auf ein Urteil des BAG aus dem Jahr 2005 (BB 2006, 1747) verweigert hatte, befand sich der Arbeitgeber nach Auffassung der Richter auch in einem entschuldbaren Rechtsirrtum, so dass die Arbeitnehmerin auch keine Vergütung wegen Unmöglichkeit nach § 326 Abs. 2 S. 1 Fall 1 BGB beanspruchen konnte.
Anmerkung:
Was wir aus dem Fall lernen können: Wer nicht kämpft hat schon verloren!
Da bekanntlich 2 Juristen 3 unterschiedliche Auffassungen vertreten können, bedarf es bei Gericht manchmal eines langen Atems, um doch Recht zu bekommen. Ein verlorengegangener Prozess bedeutet also nicht automatisch, dass man nicht am Ende des Tages, wenn man weiter kämpft, erfolgreich sein kann. Die einfache und einleuchtende Begründung der Richter am Bundesarbeitsgericht macht vielmehr deutlich, dass oftmals in Unterinstanzen Richter mit Angelegenheiten befasst sind, die rechtliche Probleme nicht erkennen oder vollständig erfassen und zu Ende denken, so dass Fehlurteile, manchmal auch bestätigt, leider öfters, als man als juristischer Laie glaubt, vorkommen. Wer hier vorschnell aufgibt hat das Nachsehen.