Besteht gegen den Arbeitnehmer der Verdacht einer Straftat zulasten des Arbeitgebers, dann kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich durch Ausspruch einer sog. Verdachtskündigung beenden. Bislang war durch das Bundesarbeitsgericht ungeklärt, ob das Instrument der Verdachtskündigung auch in Ausbildungsverhältnissen angewendet werden kann, weil die Hürden, die der Gesetzgeber für die Kündigung von Ausbildungsverhältnissen aufgebaut hat, deutlich höher liegen, als bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nach der Probezeit besteht beim Ausbildungsverhältnis nämlich regelmäßig nicht, sondern diese können nur fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden. Dennoch hat nunmehr das Bundesarbeitsgericht letztinstanzlich mit Urteil vom 12.02.2015 (6 AZR 845/13) entschieden, dass auch im Ausbildungsverhältnis bei einem dringenden Verdacht beendet werden kann.
Der 25-jährige Kläger machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Am 20.06.2011 öffnete er allein Nachttresorkassetten und zählte das darin befindliche Geld mit einer Zählmaschine. Nachdem die Zentralbank für diesen Tag einen Kassenfehlbestand von 500 € festgestellt hat, vereinbarte der Ausbilder mit dem Kläger 2 Gesprächstermine, die dieser jedoch beide Male abgesagt hatte. Erst nach dessen Urlaub fand dann am 21. Juli 2011 ein Personalgespräch statt. Dem Kläger wurde dabei weder das Thema des Gesprächs mitgeteilt noch wurde auf die Möglichkeit hingewiesen eine Vertrauensperson zu dem Gespräch hinzuzuziehen, so dass neben ihm lediglich ein Vorstandsmitglied sowie der Ausbildungsleiter teilnahmen. Am Folgetag wurde ihm fristlos, hilfsweise ordentlich wegen des Verdachts des Diebstahls der fehlenden 500 € gekündigt.
Zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat.
Auch Auszubildende müssen nach Auffassung der Richter beim Verdacht einer Straftat mit ihrer Kündigung rechnen. Dabei seien aber die Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses, wie das jugendliche Alter des Auszubildenden, seine charakterlichen Entwicklungstufe und ein gewisser Erziehungseffekt der befristeten Lehre zu berücksichtigen. Im entschiedenen Rechtsstreit hatte das Gericht keine Bedenken, zumal der gekündigte Auszubildende bereits 25 Jahre alt war.