Stellen Sie sich vor, Sie erfüllen sich den Traum von den eigenen 4 Wänden und kaufen in einem sich noch entwickelnden Neubaugebiet vom Reißbrett eine Eigentumswohnung. Nach Fertigstellung stellen Sie dann fest, dass die Stadt zur Abfallentsorgung des Gebiets auf der gegenüberliegenden Straßenseite Containeranlagen für Altglas und Altpapier aufstellt. Hätte Sie der Bauträger bei Abschluss des Kaufvertrags auf diesen Umstand hinweisen müssen und muss er ihnen deshalb, wenn er es nicht gemacht hat, wegen einer Wertminderung einen Teil des Kaufpreises zurückzahlen? Nein, sagt das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 21.01.2020 (I 21 U 46/19) und hat eine Klage der Käufer auf Minderung des Kaufpreises letztinstanzlich abgewiesen.
Käufer einer Eigentumswohnung halten Eigentumswohnung wegen gegenüberliegender Containeranlage für Altglas und Altpapier für mangelhaft
Die Kläger hatten 2015 von einem Bauträger eine 140 m² große 4 Zimmerwohnung zum Preis von 550.000 € in einem Neubaugebiet gekauft, in dem insgesamt 1800 Wohnungen entstehen sollten.
Als sie dann später feststellen mussten, dass auf der anderen Straßenseite, genau gegenüber ihrer Wohnung, die Stadt Düsseldorf eine Containeranlage für Altglas und Altpapier erichtete, fühlten sich die Käufer vom Verkäufer getäuscht. Dies deshalb, weil über die Containeranlage weder gesprochen wurde noch sich aus den Verkaufsprospekten oder der Internetseite der Beklagten und dem darauf enthaltenen Werbevideo irgendwelche Hinweise darauf entnehmen ließen, dass genau gegenüber der gekauften Wohnung eine Abfallentsorgungsanlage errichtet werden wird. Sie sahen deshalb den Wert der Wohnung aufgrund der von der Containeranlage ausgehenden optischen Beeinträchtigungen, aber auch durch Lärm- und Geruchsbelästigungen in Höhe von mindestens 30.000 € beeinträchtigt und zogen vor Gericht.
Ökologisch sinnvolle Abfallentsorgung gehört auch in „besseren“ Wohnanlagen zum urbanen Leben
Vor Gericht fanden die Kläger allerdings kein Gehör, denn die Richter waren der Meinung, dass eine ökologisch sinnvolle Abfallentsorgung zum urbanen Leben gehöre, für das sich die Kläger durch die Standortwahl ihrer Wohnung entschieden hätten. Deshalb seien die damit einhergehenden Beeinträchtigungen unvermeidbar und ersatzlos hinzunehmen.
Eine Verpflichtung des Bauträgers, so die Richter, den Erwerber einer Eigentumswohnung vor Vertragsschluss über die geplante Aufstellung der Wertstoffsammelstelle aufzuklären, wenn es sich um eine für jeden öffentlich zugängliche Information handelt, die jederzeit bei der Stadt abrufbar war, besteht nicht. Es bestehe nämlich keine Verpflichtung eines Bauträgers ungünstige Eigenschaften einer Wohnung ungefragt offenzulegen. Da auch in Wohnvierteln mit gehobenen Quadratmeterpreisen eine Abfallentsorgung sichergestellt sein müsse, spiele es auch keine Rolle, dass die Kläger hier eine Wohnung mit gehobenem Standard erworben hätten.
Anmerkung:
Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen gewesen, wenn die Kläger vor Vertragsabschluss gezielt danach gefragt hätten und der Verkäufer die Frage bewusst wahrheitswidrig verneint hätte. Wenn Sie als Erwerber einer Immobilie, die sich erst noch im Bau befindet, vor solchen unliebsamen Überraschungen geschützt sein möchten, dann empfiehlt es sich aber nicht nur nach allem was Ihnen wichtig ist zu fragen, sondern Sie sollten zwingend darauf achten, dass diese Punkte auch Gegenstand des notariellen Vertrags werden. Ansonsten haben Sie vor Gericht das Nachsehen.
So war beispielsweise der Verfasser erst vor einigen Jahren an einem Rechtsstreit beteiligt, bei dem Käufer in Wolfratshausen eine Immobilie erworben hatten, in der sich bei Vertragsschluss 4 Wohnungen befunden haben, die teilweise vermietet und teilweise nicht vermietet waren. Die Erwerber wollten dann die Immobilie sanieren, wobei 2 Wohnungen zusammengelegt werden sollten. Zur allgemeinen Überraschung wurde dann festgestellt, da es keine Teilungserklärung gab, dass eine der Wohnungen sich in einem Anbau befand, bei dem eine wohnrechtliche Nutzung weder genehmigt war noch wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen genehmigt werden konnte. Da im Kaufvertrag das Vorhandensein der Wohnungen überhaupt nicht erwähnt war, sondern lediglich in einem Maklerexposé, war dann das Landgericht München II der Auffassung, dass den Erwerbern wegen des Umstands, dass diese nun nur 3 anstatt 4 Wohnungen nutzen konnten, kein Schadensersatzanspruch zustünde, weil es nicht auf das Exposé, sondern ausschließlich auf den notariellen Vertrag, in dem dazu nichts geregelt war, ankommt. Für die Erwerber zwar ärgerlich, aber gleichwohl letztendlich zu verkraften, weil zu einem recht günstigen Preis aus einem Nachlass gekauft worden war und der starke Anstieg der Immobilienpreise ein Übriges dazu beigetragen hat, dass im Ergebnis der Kauf dann doch noch als gutes Geschäft eingestuft werden konnte. Gleichwohl sollte derjenige, der viel Geld für einen Immobilienkauf ausgibt nicht an der falschen Stelle, nämlich der Rechtsberatung, sparen. Nur ein Immobilienrecht erfahrener Rechtsanwalt kann Sie hier vor unliebsamen Überraschungen bewahren. Wie heißt es so schön in der Werbung des Anwaltsvereins: „Eine Unterschrift kann sie reich machen oder ruinieren, deshalb keine Unterschrift ohne Anwalt“. Auch, wenn es nicht immer ganz so schlimm kommt, unterstützen wir Sie gerne, wenn Sie eine Immobilie kaufen oder verkaufen möchten. Als Sitz des Haus- und Grundbesitzervereins Wolfratshausen-Geretsried e.V. sind wir im Immobilienrecht zu Hause.