Zählt zum Nachlass auch Immobilienvermögen und ist die Verteilung in einem notariellen Testament geregelt, dann genügt dieses regelmäßig, um eine Grundbuchberichtigungen durchzuführen. Das Grundbuchamt darf dann nicht noch (zusätzlich) die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Dies gilt auch bei schwieriger Rechtslage, wie das OLG München in seinem Beschluss vom 21.10.2016 (34 wie X 331/16) entschieden hat.
Grundbuchamt verlangt wegen Konkurrenz zwischen notariellen und privatschriftlichen Testament in die Vorlage eines Erbscheins
Die Ehefrau war am 16.01.2015 verstorben. Zum Nachlass zählte der hälftige Miteigentumsanteil der von den Eheleuten bewohnten Eigentumswohnung. Eigentümer der anderen Hälfte war der überlebende Ehemann. Dieser beantragte im Juli 2015 eine Grundbuchberichtigungen durch Eigentumsumschreibung auf ihn als Alleineigentümer. Dazu legt er dem Grundbuchamt notariell beglaubigte Kopie der Eröffnungsniederschrift nebst notariell beglaubigten Ablichtungen der beiden eröffneten Testamente vor und zwar neben dem gemeinschaftlichen notariellen Testament der Eheleute aus dem Jahr 1973, in dem sie sich gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt hatten auch ein privatschriftliches Einzeltestament der Ehefrau aus dem Jahr 2001 in dem diese geregelt hatte:
„Hiermit setze ich meine beiden Kinder als Erben für mein Privatvermögen ein: Bargeld, Eigentumswohnungen sowie unser Einfamilienhaus. Das Haus wird unter der Auflage vererbt, … Dieses Testament betrifft ausschließlich meinen Besitz. Die weitergehenden Bestimmungen des gemeinsamen ehelichen Testaments werden meinem Ehemann zur Entscheidung überlassen.“
Dem Grundbuchamt genügte dies zur Grundbuchberichtigungen nicht. Es hat deshalb mit Zwischenverfügung dem Ehemann aufgegeben zum Erbnachweis einen Erbschein vorzulegen. Dieser war jedoch der Auffassung, dass seine Erbenstellung hinreichend aufgrund des notariellen Testaments nachgewiesen ist, so dass das Grundbuchamt keinen Erbschein verlangen dürfe und wandte sich deshalb mit der Beschwerde gegen die Verfügung des Grundbuchamts.
Grundbuchamt darf auch bei schwieriger Rechtslage bei Vorliegen eines notariellen Testaments keinen Erbschein verlangen
Die Beschwerde war im Ergebnis erfolgreich, denn es steht auch bei schwieriger Rechtslage nicht im Belieben des Grundbuchamts anstelle des notariellen Testaments einen Erbschein zu verlangen.
Vielmehr hat das Grundbuchamt selbständig zu prüfen und auszulegen (vgl. § 133 BGB). Es hat gesetzliche Auslegungsregeln, sofern auch das Nachlassgericht voraussichtlich darauf zurückgreifen würde zu berücksichtigen. Ebenso allgemein bekannte und offenkundige Tatsachen. Bei einer späteren eigenhändigen Verfügung reicht das frühere öffentliche Testament als Grundlage nur aus, wenn das eigenhändige Testament ersichtlich unwirksam ist oder die Erbfolge aus anderen Gründen nicht auf dieser Verfügung beruhen kann.
Formal sind zwar keine Gründe ersichtlich, die gegen die Wirksamkeit der privatschriftlichen Verfügung vom 13.03.2001 sprächen. Deren Inhalt ist allerdings offensichtlich nicht mit den Verfügungen im notariellen Ehegattentestament in Einklang zu bringen. Denn das eigenhändige Testament ist unwirksam, weil es gegen die vom gemeinschaftlichen öffentlichen Testament ausgehende Bindungswirkung dort getroffener wechselbezüglicher Verfügungen verstößt, §§ 2270, 2271 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dadurch würde es das Recht des eingesetzten Ehegatten als Erben beeinträchtigen, vgl. § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.