Bekleidungsvorschriften im Betrieb sind ein sensibles Thema, das immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern führt. Insbesondere dann, wenn die Nichteinhaltung solcher Vorschriften drastische Konsequenzen nach sich zieht, wie etwa eine Kündigung. Ein aktueller Fall aus Nordrhein-Westfalen zeigt, wie ernst diese Angelegenheit genommen werden kann und welche rechtlichen Grundlagen hierbei entscheidend sind.
Rechtsgrundlagen der Bekleidungsvorschriften
Bekleidungsvorschriften im Betrieb können sich aus verschiedenen Rechtsquellen ergeben, darunter:
- Tarifvertrag
- Betriebsvereinbarung
- Arbeitsvertrag
- Direktionsrecht des Arbeitgebers
In der Praxis spielen Tarifverträge in Bezug auf Bekleidungsvorschriften eine untergeordnete Rolle. Entscheidend sind häufig Betriebsvereinbarungen und das Direktionsrecht des Arbeitgebers.
Der Fall: Kündigung wegen Nichttragens der vorgeschriebenen Arbeitskleidung
Ein Arbeitnehmer aus Nordrhein-Westfalen verweigerte das Tragen der vom Arbeitgeber vorgeschriebenen roten Arbeitshosen. Der Arbeitgeber hatte diese Kleiderordnung aus drei wesentlichen Gründen eingeführt: Zum Schutz der Arbeitnehmer durch die Signalfarbe, zur Abgrenzung zu externen Beschäftigten und um ein einheitliches Auftreten des Unternehmens zu gewährleisten. Trotz mehrerer Ermahnungen und Abmahnungen trug der Arbeitnehmer weiterhin schwarze Hosen oder private dunkle Kleidung, was schließlich zur Kündigung führte.
Das Arbeitsgericht Solingen entschied in seinem Urteil vom 15. März 2024 (Az. 1 Ca 1749/23), dass die Kündigung gerechtfertigt sei. Die Verweigerung, die Dienstkleidung zu tragen, stellte eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die auch durch mehrere Abmahnungen nicht behoben werden konnte. Damit wird deutlich: Eine vom Arbeitgeber festgelegte Kleiderordnung kann unter bestimmten Umständen verpflichtend sein und deren Missachtung schwerwiegende arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur verhaltensbedingten Kündigung nach sich ziehen.
Bekleidungsvorschriften in Betrieben ohne Betriebsrat
In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber grundsätzlich im Rahmen seines Direktionsrechts (§ 106 Gewerbeordnung) eine Kleiderordnung festlegen. Diese muss jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren und darf die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig einschränken.
Der Arbeitgeber muss seine Weisungen so gestalten, dass sie billiges Ermessen (§ 315 BGB) wahren und die Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen. Insbesondere Sicherheitsvorschriften und gesundheitliche Aspekte können eine strenge Bekleidungsvorschrift rechtfertigen.
Bekleidungsvorschriften in Betrieben mit Betriebsrat
In Betrieben mit Betriebsrat ist die Einführung einer Kleiderordnung gemäß § 87 Absatz 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mitbestimmungspflichtig. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber vor der Einführung einer solchen Vorschrift den Betriebsrat informieren und dessen Zustimmung einholen muss. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um Regelungen geht, die das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffen, einschließlich der Festlegung von Dienstkleidung.
Möchte beispielsweise ein Arbeitgeber, dass seine Beschäftigten einheitliche Arbeitskleidung tragen, um das Unternehmensimage zu repräsentieren dann muss der Betriebsrat zustimmen, und in der Regel wird eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, die die Details der Kleiderordnung regelt.
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 13. Februar 2007 (Az. 1 ABR 18/06) klargestellt, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung und Ausgestaltung von Bekleidungsvorschriften greift. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kleiderordnung nicht aus gesetzlichen Sicherheitsvorschriften resultiert, sondern das Ziel verfolgt, ein einheitliches Erscheinungsbild zu schaffen.
Fazit
Bekleidungsvorschriften im Betrieb sind ein komplexes Thema, das eine sorgfältige Abwägung der Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern erfordert. Während der Arbeitgeber berechtigte Gründe für eine Kleiderordnung haben kann, wie Sicherheit oder einheitliches Auftreten, müssen die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer gewahrt bleiben. In Betrieben mit Betriebsrat ist zudem das Mitbestimmungsrecht zu beachten, was oft in einer Betriebsvereinbarung mündet. Die Missachtung solcher Vorschriften kann, wie der Fall aus Nordrhein-Westfalen zeigt, gravierende arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Arbeitgeber sollten daher klare, rechtlich fundierte Regelungen treffen und deren Einhaltung durchsetzen, um Konflikte zu vermeiden. Arbeitnehmer dagegen die auf Konfrontation gehen, laufen stets Gefahr arbeitsrechtlich sanktioniert zu werden.