Rechtsanwälte müssen zwingend eine Berufshaftpflichtversicherung unterhalten. Bei angestellten Rechtsanwälten wird diese regelmäßig nicht vom Arbeitnehmer selbst, sondern von der Kanzlei als Arbeitgeber bezahlt. Der BFH hat nun in seinem Urteil vom 10.03.2016 (VI R 58/14) entschieden, dass dann, wenn die Kanzlei eine solche Haftpflichtversicherung unterhält, von deren Schutz auch die angestellten Anwälte erfasst sind, es sich um keinen Arbeitslohn handelt. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der angestellte Rechtsanwalt eine eigene Berufshaftpflichtversicherung unterhält und die Kanzlei lediglich die Kosten dafür erstattet.
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltssozietät, die in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) tätig war, hatte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Die bei ihr angestellten Rechtsanwälte unterhielten darüber hinaus eigene Berufshaftpflichtversicherungen. Das Finanzamt sah die Versicherungsbeiträge der Rechtsanwalts-GbR für ihre eigene Berufshaftpflichtversicherung als Arbeitslohn der angestellten Rechtsanwälte an, so dass die Angelegenheit schließlich vor dem BFH gelandet ist.
Dieser vermochte die Ansicht des Finanzamts nicht zu teilen. Dies beruht auf der ständigen Rechtsprechung nach der Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers erweisen, bei den Arbeitnehmern nicht zu Arbeitslohn führen. Daher hat der BFH die Beiträge der Rechtsanwalts-GbR zu ihrer eigenen Berufshaftpflichtversicherung nicht als Arbeitslohn angesehen. Dies gilt auch, soweit sich der Versicherungsschutz auf Ansprüche gegen die angestellten Rechtsanwälte erstreckt. Denn insoweit handelt es sich um eine bloße Reflexwirkung der eigenbetrieblichen Betätigung der Rechtsanwalts-GbR. Die Erweiterung des Versicherungsschutzes dient dazu, der Rechtsanwalts-GbR einen möglichst umfassenden Schutz für alle bei ihr beschäftigten Rechtsanwälte zu gewähren, weil sie nur so erreichen kann, ihre Haftungsrisiken möglichst umfassend auf den Versicherer abzuwälzen.
Anmerkung:
Das Urteil des BFH bezieht sich allerdings nur auf die eigene Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwalts-GbR. Übernimmt die GbR Beiträge für eine Berufshaftpflichtversicherung, die ein bei ihr angestellter Rechtsanwalt selbst abgeschlossen hat, liegt nach der Rechtsprechung des BFH lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Lohnsteuerfrei ist dann nur der Anteil der Gruppenversicherung, die Versicherungsschutz über die Einzelversicherung des angestellten Rechtsanwalts hinaus gewährleistet. Deshalb ist es zur Vermeidung dieser Problematik empfehlenswert angestellte Rechtsanwälte vollständig in die Gruppenversicherung der Kanzlei mit aufzunehmen, ohne dass der Anwalt daneben eine eigenständige Versicherung (gegen Kostenerstattung) unterhalten muss.
Das Urteil gilt nicht nur für Sozietäten in der Rechtsform der GbR, sondern z. B. auch für Partnerschaftsgesellschaften oder Einzelkanzleien mit angestellten Rechtsanwälten. Die Entscheidung des BFH kann auch für andere Berufsgruppen, wie z.B. Steuerberater von Bedeutung sein.
(Quelle: Auszug aus einer Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs)