In der heutigen Arbeitswelt sind Unternehmen häufig gezwungen, ihre Organisationsstrukturen anzupassen. Diese Anpassungen können durch wirtschaftliche Zwänge, Umstrukturierungen oder Effizienzsteigerungen erforderlich werden. In solchen Fällen kann es zu sogenannten betriebsbedingten Änderungskündigungen kommen. Doch was genau versteht man unter einer Änderungskündigung? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sie rechtswirksam ist, und wie können sich Arbeitnehmer gegen eine Änderungskündigung wehren? Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und gibt einen Überblick über die relevanten Gesetze und aktuelle Rechtsprechung.
Was ist eine Änderungskündigung?
Eine Änderungskündigung im Sinne von § 2 KSchG liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kündigt, jedoch gleichzeitig ein Angebot auf eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Bedingungen unterbreitet. Dabei handelt es sich um eine besondere Form der Kündigung, die es dem Arbeitgeber ermöglicht, eine Beendigungskündigung zu vermeiden, indem er die Arbeitsbedingungen an neue betriebliche Erfordernisse anpasst.
Die Änderungskündigung setzt sich aus zwei Elementen zusammen: Einer Kündigung und einem Angebot auf Weiterbeschäftigung. Wenn der Arbeitnehmer das Angebot ablehnt, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. Nimmt er das Angebot hingegen an, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen, jedoch unter den neuen, geänderten Bedingungen.
Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Änderungskündigung
Eine Änderungskündigung kann nicht willkürlich ausgesprochen werden. Sie unterliegt strengen rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere wenn sie betriebsbedingt erfolgt. Laut der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen vom 5.12.2018 ( 6 Sa 1103/17) ist Voraussetzung für die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Änderungskündigung, dass der Kündigungsgrund geeignet sein muss, die angestrebte Vertragsänderung zu rechtfertigen. Dies bedeutet, dass das Beschäftigungsbedürfnis des Arbeitnehmers zu den bisherigen Bedingungen entfallen sein muss.
Dazu ist eine konzeptionelle Unternehmerentscheidung erforderlich. Diese muss nachvollziehbar belegen, dass eine Organisationsänderung notwendig ist, die eine Änderung der Arbeitsbedingungen zur Folge hat. Wichtig ist dabei, dass diese Entscheidung lediglich einer Rechts- und Missbrauchskontrolle unterliegt, das heißt, der Arbeitgeber muss lediglich sicherstellen, dass seine Entscheidung nicht willkürlich oder missbräuchlich ist.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt darüber hinaus klar, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein muss. Vor Ausspruch einer Änderungskündigung ist der Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob die Organisationsänderung auch durch mildere Mittel, wie eine Versetzung oder eine Änderung der Arbeitsaufgaben, realisiert werden kann, ohne dass es zu einer Kündigung kommen muss (vgl. § 1 Abs. 2 KSchG).
Abgrenzung zum Direktionsrecht
Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erlaubt es ihm, die Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers einseitig innerhalb des Rahmens des bestehenden Arbeitsvertrags anzupassen. Dieses Recht umfasst Weisungen hinsichtlich des Arbeitsorts, der Arbeitszeit und der Arbeitsinhalte. Eine Änderungskündigung hingegen ist erforderlich, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen so gravierend verändern möchte, dass diese nicht mehr durch das Direktionsrecht abgedeckt sind.
Die Grenze zwischen Direktionsrecht und Änderungskündigung verläuft dort, wo die Anpassungen die vertraglich vereinbarten Hauptpflichten des Arbeitnehmers berühren. Beispielsweise kann der Arbeitgeber die Aufgaben eines Arbeitnehmers innerhalb seines Tätigkeitsbereichs ändern. Möchte er jedoch den Arbeitsplatz oder die Vergütung erheblich anpassen, muss er den Weg der Änderungskündigung wählen.
Handlungsoptionen für Arbeitnehmer
Ein Arbeitnehmer, der eine Änderungskündigung erhält, hat grundsätzlich drei Möglichkeiten zu reagieren:
1. Annahme des Angebots unter Vorbehalt: Der Arbeitnehmer nimmt die geänderten Bedingungen unter Vorbehalt an und klagt gleichzeitig vor dem Arbeitsgericht auf sozial gerechtfertigte Weiterbeschäftigung zu den alten Bedingungen. Die Annahme unter Vorbehalt muss innerhalb der Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklärt werden (§ 2 KSchG).
2. Ablehnung des Angebots: Der Arbeitnehmer kann das Angebot ablehnen. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer kann jedoch auch in diesem Fall Kündigungsschutzklage erheben, um zu prüfen, ob die Änderungskündigung sozial gerechtfertigt ist.
3. Annahme des Angebots ohne Vorbehalt: Der Arbeitnehmer akzeptiert die neuen Arbeitsbedingungen und verzichtet auf eine Klage. Das Arbeitsverhältnis wird dann unter den geänderten Bedingungen fortgeführt.
Die Entscheidung des LAG Hessen – Ein Präzedenzfall
Die oben genannte Entscheidung des LAG Hessen unterstreicht die Bedeutung einer durchdachten Unternehmerentscheidung als Grundlage für eine betriebsbedingte Änderungskündigung. Das Gericht stellte klar, dass der Kündigungsgrund nicht nur vorgeschoben sein darf, sondern auf einem nachvollziehbaren organisatorischen Konzept basieren muss. Dies dient dem Schutz des Arbeitnehmers, indem eine missbräuchliche Ausnutzung betrieblicher Gründe durch den Arbeitgeber verhindert wird.
Das LAG Hessen stellte zudem fest, dass die Entscheidung des Arbeitgebers nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft wird, sondern nur darauf, ob sie im Rahmen des rechtlich Zulässigen liegt. Es bleibt also dem Arbeitgeber überlassen, welche organisatorischen Entscheidungen er trifft, solange diese nicht rechtsmissbräuchlich sind.
Fazit
Die betriebsbedingte Änderungskündigung stellt für Arbeitgeber ein wichtiges Instrument dar, um auf wirtschaftliche und organisatorische Veränderungen zu reagieren. Allerdings unterliegt sie strengen rechtlichen Voraussetzungen, die sicherstellen sollen, dass Arbeitnehmer nicht ungerechtfertigt benachteiligt werden. Für Arbeitnehmer gibt es verschiedene Handlungsoptionen, um auf eine Änderungskündigung zu reagieren, wobei der rechtliche Weg über die Annahme unter Vorbehalt und eine Kündigungsschutzklage oft die beste Möglichkeit darstellt, um die Arbeitsbedingungen zu überprüfen.
Wer als Arbeitnehmer eine Änderungskündigung erhält, sollte die Fristen und formalen Anforderungen genau beachten und sich rechtzeitig juristischen Rat einholen. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass ihre unternehmerischen Entscheidungen nachvollziehbar und rechtlich unangreifbar sind, um das Risiko von langwierigen Rechtsstreitigkeiten zu minimieren.
Die Entscheidung des LAG Hessen unterstreicht erneut, wie wichtig eine fundierte unternehmerische Planung und transparente Kommunikation bei betriebsbedingten Kündigungen sind.
Wir beraten und vertreten gleichermaßen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer bundesweit in allen Fragestellungen rund um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.