Wir haben an dieser Stelle schon des Öfteren von einem Phänomen berichtet, das das Internetzeitalter und die damit verbundene Möglichkeit Produkte, Verkäufer, Dienstleister etc. zu bewerten mit sich bringt, nämlich die sog. Bewertungserpressung. Von Bewertungserpressung spricht man, wenn ein Käufer, Kunde, Patient etc. entweder mit einer negativen Bewertung droht für den Fall, dass der so Erpresste nicht eine bestimmte Handlung oder Unterlassung vornimmt. Meist handelt es sich um die Forderung von Preisnachlässen, die Rücknahme von Waren trotz abgelaufener Widerrufsfrist oder vorheriger Nutzung durch den Erwerber, die Reduzierung bereits gestellter Rechnungen oder gleich die Forderung nach der Zahlung bzw. Rückzahlung konkret bezifferter Beträge. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen, tragen ein Übriges dazu bei, dass die Menschen unausgeglichener und gereizter sind, und hierdurch offensichtlich immer stärker Probleme haben, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden.
Zahnarzt wird Opfer einer Bewertungserpressung
Augenblicklich liegt ein Fall auf unserem Schreibtisch, bei dem ein Zahnarzt Opfer einer solchen Erpressung geworden ist.
Ein Neupatient (Privatpatient) erscheint ohne Termin in der Praxis, und möchte eine Zahnreinigung. Da zufällig gerade ein Patient zum vereinbarten Termin nicht erschienen ist, hat er Glück und kommt gleich dran. Als er die Rechnung erhält, rührt er sich zunächst nicht. Als gemahnt wird, ruft er in der Praxis an, verlangt, dass die Rechnung um rund 50 % gekürzt wird und droht für den Fall, dass der Zahnarzt diesem Wunsch nicht nachkommt, mit einer negativen Bewertung.
Da der Zahnarzt nicht darauf eingeht erfolgt auf Google eine Bewertung mit einem Stern und einem entsprechenden Bewertungskommentar, in dem Privatpatienten suggeriert wird, dass in dieser Praxis Vorsicht geboten sei, weil der Status als Privatpatient schamlos ausgenutzt werden würde, um so viele Positionen wie möglich abzurechnen. Seinen untauglichen Erpressungsversuch bezeichnet der Bewertende dann noch als „Versuch eine Aufklärung herbeizuführen“ der abgeblockt wurde.
Bewertungserpressung kann für Erpresser unangenehme Folgen haben
Nachdem Bewertungserpressung kein Kavaliersdelikt ist, sollte sich jeder Bewertende vergegenwärtigen, dass eine Bewertung, die auch nur den Anschein einer Erpressung hat, auf Dauer keinen Bestand haben wird, weil entweder Google oder das entsprechende Portal auf entsprechenden Antrag die Bewertung ohnehin wieder entfernen wird, oder aber, was mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, der zu Unrecht so Bewertete, mit Anwalt und gerichtlicher Hilfe gegen die Bewertung vorgehen wird. Hinzu kommt, dass eine solche Vorgehensweise auch beim Erpressten meist die Reaktion auslöst, dass dieser mit einer Strafanzeige reagiert. Dies hat unweigerlich zur Folge, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Es droht also auch von dieser Seite nicht nur Ärger, sondern, jedenfalls dann, wenn der nun unter Beschuss geratene anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, auch Kosten, denn selbst, wenn es nicht zu einer strafrechtlichen Ahndung kommen sollte, die Staatsanwaltschaft also irgendwann das Verfahren einstellt, besteht kein Kostenerstattungsanspruch. Wie auch im realen Leben, wird man deshalb am besten, wenn man auch im Internet fair bleibt. Alles andere kann einen nicht absehbaren Rattenschwanz nach sich ziehen.
Anmerkung:
Im vorliegenden Fall ist zwischenzeitlich die Bewertung gelöscht. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wird nun folgen.