Nebenkostenabrechnungen führen immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter. Insbesondere dann, wenn in einem Mehrfamilienhaus ein hoher Leerstand besteht, kann dadurch, je nachdem, wie der Vermieter abrechnet, der einzelne Mieter übermäßigen Nachforderungen ausgesetzt sein.
In einem vom BGH nunmehr mit Urteil vom 10. Dezember 2014 (VIII ZR 9/14) letztinstanzlich entschiedenen Rechtsstreit, hat der BGH einem Vermieter Recht gegeben, in dem er entschieden hat, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, wenn Warmwasserkosten auch bei hohen Leerstand nach § 8 der Heizkostenverordnung teilweise nach Verbrauch abgerechnet werden.
Im entschiedenen Fall sollte ein 28-Familien-Haus im Rahmen der Stadtplanung abgerissen werden, was einen erheblichen Leerstand zur Folge hatte. Deshalb arbeitete die für eine große Leistung und viele Wohnungen ausgelegte Heizung- und Warmwasseranlage gemessen an dem geringen Verbrauch der wenigen verbliebenen Mieter nicht mehr kostengünstig. Die Vermieterin legte die angefallenen Warmwasserkosten zu 50 % nach Wohnflächenanteilen und zu 50 % nach dem Verbrauch um. Daraus ergab sich zulasten einer Mietpartei eine Nachzahlung i.H.v. 1.195,06 €, wovon die Vermieterin wiederum aus Kulanz lediglich 50 %, also 597,53 € forderte. Die Mieterin weigerte sich jedoch zu bezahlen, weil sie der Auffassung war, aufgrund des Leerstands hätte eine Abrechnung nach Verbrauch überhaupt nicht stattfinden dürfen, sondern die Umlage hätte allein nach Quadratmetern erfolgen müssen. Während das Amtsgericht der Vermieterin Recht gab, entschied das Landgericht als Berufungsgericht zu Gunsten der Mietpartei.
Der BGH hat letztinstanzlich zu Gunsten des Vermieters festgestellt, dass dessen an den Verbraucher gekoppelte Abrechnung nicht zu beanstanden gewesen sei.
Auch bei hohen Leerständen bleibt es, so die Richter, grundsätzlich bei der gesetzlich nach § 8 Abs. 1 HeizkostenV vorgegebenen Abrechnung, wonach die Kosten zu mindestens 50 % nach Verbrauch umzulegen sind.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt eine analoge Anwendung von § 9a HeizkostenV nicht in Betracht, denn die in § 9a HeizkostenV geregelten Fälle, in denen aus zwingenden technischen Gründen eine Verbrauchserfassung nicht möglich ist, sind mit dem hier in Rede stehenden Fall einer jetzt unwirtschaftlich arbeitenden Heizungsanlage nicht vergleichbar.
Allerdings kann die strikte Anwendung der Vorgaben der HeizkostenV bei hohen Leerständen in Einzelfällen zu derartigen Verwerfungen führen, dass eine angemessene und als gerecht empfundene Kostenverteilung nicht mehr gegeben ist. Diesen Fällen kann mit einer aus dem Prinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abzuleitenden Anspruchsbegrenzung Rechnung getragen werden.
Ob eine solche Anspruchskürzung geboten ist, um die beiderseitigen Interessen zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Tatrichters. Im vorliegenden Fall konnte der Senat die Beurteilung selbst vornehmen, da keine weiteren tatsächlichen Feststellungen zu treffen waren.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in Anwendung von § 8 Abs. 1 HeizkostenV bereits den für die Beklagte günstigsten Maßstab (50 %) gewählt hat und von dem sich so ergebenden Betrag lediglich die Hälfte geltend macht, so dass sich für die knapp 50 qm große Wohnung der Beklagten für Heizung und Warmwasser ein zwar hoher, aber nicht völlig untragbar erscheinender Betrag von rund 1.450 € ergibt.
Auf der anderen Seite hat auch die Klägerin – ohne für die leerstehenden Wohnungen Mieteinnahmen zu erhalten – schon über den Wohnflächenanteil – beträchtliche Kosten zu tragen und muss es insoweit ihrerseits ebenfalls hinnehmen, dass die angesichts des Leerstandes unwirtschaftliche Heizungsanlage erhebliche Mehrkosten verursacht.
Insgesamt erscheint es daher nicht unangemessen, dass auch die Mieter einen nicht ganz unerheblichen Teil der leerstandsbedingten Mehrkosten zu tragen haben. Eine weitere Anspruchskürzung über den von der Klägerin bereits freiwillig abgezogenen Betrag hinaus ist deshalb auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nicht geboten.
Anmerkung:
Die Auffassung des BGH, dass auch die Mieter an leerstandsbedingten Mehraufwendungen finanziell zu beteiligen seien, erscheint rechtlich bedenklich. Das wirtschaftliche Risiko der Vermietung liegt nämlich bei sachgerechter Betrachtung nicht beim Mieter, sondern beim Vermieter. Da es sich im entschiedenen Rechtsstreit um einen Sonderfall handelte, nämlich dass das Mietshaus aus städtebaulichen Gründen abgerissen werden sollte, handelt es sich unseres Erachtens um einen Rechtsgedanken, der vielleicht in diesem Einzelfall zutreffen mag, einer Verallgemeinerung aber nicht zugänglich ist. Jedenfalls dann nicht, wenn der Vermieter über einen längeren Zeitraum Wohnraum leer stehen lässt, ohne sich aktiv um eine Vermietung zu bemühen.