Bewertungen von Verkäufern und Dienstleistungen bei eBay und Co., aber auch bei sog. Bewertungsportalen, sollen dem Verbraucher nutzen und ihm ein möglichst zuverlässiges Bild seines (künftigen) Vertragspartners liefern. So zumindest die Theorie.
In der Praxis sieht dies leider oft anders aus, weil die Anonymität des Internets dazu führen kann, dass nicht nur der Anstand der Kunden auf der Strecke bleibt, sondern Bewertungen auch rechtswidrig als Druckmittel eingesetzt werden, um sich eigene Vorteile zu sichern oder aber auch Mitbewerber zu schädigen. Droht beispielsweise ein Käufer mit einer (nicht gerechtfertigten) negativen Bewertung, wenn der Verkäufer die Kaufsache nicht – trotz bereits abgelaufener Widerrufsfrist – zurücknimmt oder sich weigert nachträglich dem Käufer einen Preisnachlass zu gewähren oder kostenlose Zugaben zu machen, dann spricht man auch von Bewertungserpressung. In all den Fällen, in denen sich der Bewertete so zu Unrecht bewertet fühlt, besteht die Möglichkeit, jedenfalls dann, wenn unwahre Tatsachen behauptet werden oder aber die Bewertung sogar beleidigenden Inhalt hat, erfolgreich dagegen mit gerichtlicher Hilfe vorzugehen. Darüber hatten wir an dieser Stelle bereits mehrfach berichtet.
Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist allerdings stets, dass dem Bewerteten die Identität des Bewerbers bekannt ist. Was aber ist, wenn – wie dies bei sog. Bewertungsportalen der Fall ist – eine solche Bewertung anonym erfolgt? Hier bleibt nur der Weg das Bewertungsportal direkt anzugreifen.
Dass dies möglich ist, hat nun der BGH in seinem Urteil vom 01.03.2016 (VI ZR 34/15) hinsichtlich der Klage eines Zahnarztes entschieden, der sich in dem Bewertungsportal Jameda zu Unrecht anonym schlecht bewertet gesehen hatte. Der Bewertende ging dabei sogar so weit, von einem Besuch der Zahnarztpraxis abzuraten.
Der BGH hat dabei klargestellt, dass Bewertungsportale verpflichtet sind die Noten, die Nutzer dort vergeben, zu überprüfen. Da sich ein Bewertungsportal die Meinung der Nutzer aber nicht zu Eigen macht, haftet das Unternehmen nur dann, wenn es zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. Einem Anbieter dürfen nämlich keine Kontrollpflichten, so die Richter, auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell gefährden oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. Gleichwohl sind die Kontrollpflichten erheblich.
Da der Zahnarzt die Auffassung vertreten hat, der Bewertende sei bei ihm gar nicht in Behandlung gewesen, hätte das Bewertungsportal aufgrund der anonymen Bewertung dem Nutzer die Beanstandung des Arztes zusenden müssen, damit dieser den behaupteten Behandlungskontakt darlegen und beweisen kann. Der Patient hätte dann zum Beleg für die Behandlung beispielsweise Bonushefte oder Rezepte vorlegen müssen, dies allerdings nur so, dass die Anonymität des Bewerbers trotzdem gewahrt bleibt. Eine Verpflichtung zur Preisgabe der Identität des Bewertenden hat der BGH damit nicht festgeschrieben.
Anmerkung:
Da also die Vorinstanz nicht aufgeklärt hatte, ob der anonymen Bewertung tatsächlich ein vorheriger Besuch in der Zahnarztpraxis zugrunde lag, wurde der Sachverhalt zur weiteren Aufklärung an das OLG zurückverwiesen.
Das Urteil hat weitreichende Folgen auch für andere Internetportale, die ihre Prüfprozesse nun anpassen müssen. Im Übrigen gilt auch hier, dass auch bei anonymen Bewertungen unwahre Tatsachenbehauptungen stets und Werturteile, also Meinungsäußerungen, dann angreifbar sind, wenn sie dem Bereich der Schmähkritik erreichen.