Bei der berechtigten Einschaltung eines Rechtsanwalts sind regelmäßig auch dessen Kosten vom Schuldner zu übernehmen, sei es, weil dieser sich in Zahlungsverzug befindet oder aber ein Erstattungsanspruch über die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag oder (im Wettbewerbsrecht) aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG besteht.
Wird ein solcher Anspruch gerichtlich verfolgt, dann war bisher danach zu unterscheiden, ob der Gläubiger seinen eigenen Rechtsanwalt bereits bezahlt hat oder nicht. Während im erstgenannten Fall nämlich ein Erstattungsanspruch angenommen wurde, also unmittelbar auf Zahlung geklagt werden konnte, bestand in letzterem Fall lediglich ein sog. Freistellungsanspruch, so dass auf Freistellung geklagt werden musste. Dabei war wiederum anerkannt, dass sich der Freistellungsanspruch dann in einen Zahlungsanspruch umwandelt, wenn die Erfüllung des Anspruchs endgültig und ernsthaft verweigert worden ist.
Diese juristische Spitzfindigkeiten, dürfte nunmehr Makulatur sein, wie ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 9.7.2015, I ZR 224/13 – Kopfhörer- Kennzeichung) zeigt. Dort hat nämlich der BGH entschieden, dass sich ein dem Grunde nach bestehender Befreiungsanspruch nach den §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 und 2 BGB spätestens durch das Prozessverhalten des Beklagten in einen Zahlungsanspruch umwandelt, wenn dieser den Anspruch ernsthaft und endgültig verweigert, also sein Bestehen bestreitet. Dies bedeutet, dass derjenige, der sich gegen den Anspruch gerichtlich verteidigt und behauptet, er würde nicht bestehen, sich nicht erfolgreich darauf berufen kann, es hätte statt auf Zahlung nur auf Freistellung geklagt werden können.
Anmerkung:
Das, was auf den juristischen Laien befremdlich wirken mag, und was nun vom BGH endgültig vereinfacht wurde, hatte natürlich seinen guten Grund. Die Unterscheidung war nämlich deswegen gemacht worden, weil derjenige, der einen Schadensersatzanspruch geltend macht, auch tatsächlich einen Schaden erlitten haben muss. Hat aber der Auftraggeber die Anwaltsgebühren selbst noch nicht an seine Rechtsanwälte bezahlt, dann ist ihm – so der Gedanke des Freistellungsanspruchs – auch noch kein Vermögensschaden entstanden, weil er noch keinen Geldabfluss hatte. Er würde deshalb bereichert werden, wenn nunmehr der Schuldner dazu verurteilt wird an ihn etwas zu bezahlen, was er selbst noch gar nicht an seine Rechtsanwälte bezahlt hat. Deshalb sollte eben der Anspruch nur darauf gerichtet sein, dass der Schuldner an die Rechtsanwälte des Gläubigers zahlen muss, um die Gläubiger vor dieser Verbindlichkeit zu befreien.
Der vom BGH verwendete Gedanke ist zwar geeignet im konkreten Fall die Rechtssituation zu vereinfachen, birgt aber die Gefahr, dass nunmehr zwei Rechtsstreitigkeiten geführt werden müssen. Ist der Gläubiger nämlich unredlich, dann vereinnahmt er zunächst die Zahlung des Schuldners, bezahlt aber trotzdem seine eigenen Rechtsanwälte nicht. Diese müssten dann wiederum gegen den eigenen Mandanten, nämlich den Gläubiger vorgehen, um ihre Honoraransprüche durchzusetzen. Wenn dieser zwischenzeitlich in Insolvenz geraten ist, dann liegt das Insolvenzrisiko bei den Rechtsanwälten. Deshalb sollten Rechtsanwälte stets darauf achten, dass sie auch von ihren eigenen Mandanten bezahlt werden, bevor Erstattungsansprüche gegen Dritte geltend gemacht werden. Die Absicherung durch einen weiteren Anspruch gegen den Gegner, gehört damit nämlich endgültig der Vergangenheit an.