Nun ist es amtlich: Kunden von Banken und Sparkassen haben (teilweise) zu Unrecht Negativzinsen bezahlt. Am 4. Februar 2025 fällte der Bundesgerichtshof (BGH) richtungsweisende Urteile zur Zulässigkeit von Negativzinsen auf Bankguthaben. Die Entscheidungen betreffen insbesondere Verwahrentgelte auf Spar-, Tagesgeld- und Girokonten und haben erhebliche Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine Erstattung zu Unrecht gezahlter Beträge erfolgt nicht automatisch, sondern müssen nun aktiv gegenüber der Bank oder Sparkasse geltend gemacht werden.
Hintergrund der Negativzinsen
Seit Juni 2014 mussten Geschäftsbanken im Euroraum Negativzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parkten. Auf dem Höhepunkt dieser Phase betrug der Zinssatz minus 0,5 Prozent. Viele Kreditinstitute gaben diese Kosten an ihre Kundschaft weiter und führten sogenannte Verwahrentgelte ein. Diese wurden häufig erst ab Überschreiten bestimmter Freibeträge erhoben. Im Juli 2022 hob die EZB die Negativzinsen wieder auf, woraufhin die meisten Banken und Sparkassen diese Gebühren abschafften.
Die Urteile des BGH im Detail
Der für das Bankenrecht zuständige XI. Zivilsenat des BGH entschied in vier Verfahren (Az.: XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23 und XI ZR 183/23), die auf Klagen von Verbraucherzentralen zurückgingen. Gegenstand der Klagen waren Verwahrentgelte, die von verschiedenen Banken und einer Sparkasse für Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten erhoben wurden.
Spar- und Tagesgeldkonten
Der BGH erklärte die Erhebung von Negativzinsen auf Spar- und Tagesgeldkonten für unzulässig. Die entsprechenden Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Banken wurden einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterzogen. Die Richter befanden, dass solche Klauseln den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung widersprechen und die Verbraucher unangemessen benachteiligen. Der Zweck von Spar- und Tagesgeldkonten, nämlich der mittel- bis langfristige Vermögensaufbau und der Kapitalerhalt, werde durch die Erhebung von Verwahrentgelten konterkariert. Dies sei mit den Geboten von Treu und Glauben nicht vereinbar.
Girokonten
Bei Girokonten stellte der BGH fest, dass Verwahrentgelte grundsätzlich zulässig sein können, da die Verwahrung von Guthaben hier eine Hauptleistung des Girovertrags darstellt. Allerdings müssen die entsprechenden Vertragsklauseln transparent und für die Kunden verständlich sein. In den verhandelten Fällen wurden die Klauseln jedoch als intransparent und somit unwirksam beurteilt, da sie nicht klar definierten, auf welches Guthaben sich das Verwahrentgelt bezieht und wie es berechnet wird. Dies verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Konsequenzen für Bankkundinnen und -kunden
Fazit
Die Entscheidungen des BGH stärken die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher und setzen klare Grenzen für die Erhebung von Negativzinsen auf Bankguthaben. Während Verwahrentgelte auf Spar- und Tagesgeldkonten grundsätzlich unzulässig sind, können sie bei Girokonten unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sein.
Betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher sollten nun ihre Kontoauszüge und Vertragsunterlagen prüfen, um festzustellen, ob ihnen Verwahrentgelte berechnet wurden. Da der BGH keine automatische Rückzahlung angeordnet hat, müssen Kundinnen und Kunden selbst aktiv werden und die zu Unrecht erhobenen Beträge bei ihrer Bank oder Sparkasse zurückfordern. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt in Deutschland drei Jahre. Ansprüche aus dem Jahr 2022 verjähren demnach Ende 2025. Es ist daher ratsam, zeitnah zu handeln und gegebenenfalls rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen.