Macht der Vermieter Eigenbedarf gelten, dann führt dies nicht automatisch dazu, dass der Mieter ausziehen muss, wenn dieser geltend machen kann, dass der Auszug für ihn, beispielsweise alters- oder krankheitsbedingt eine unzumutbare Härte darstellen würde. Ob dann im Einzelfall der mit der Angelegenheit befasste Richter oder die zuständige Richterin einen solchen Härtefall annimmt, lässt sich im Voraus kaum prognostizieren. Oft hängt dies davon ab, auf welchem Schreibtisch das Verfahren landet. Der BGH hat nun in 2 Verhandlungen vom 17.04.2019 die Prüfungspraxis der Instanzgerichte gerügt und zu erkennen gegeben, dass es die vorangegangenen Urteile der jeweiligen Landgerichte aufheben wird, weil die Härtefallregelungen nicht gründlich genug geprüft worden sind.
Landgericht entscheidet zugunsten demenzkranken Mieterin
Im Verfahren VIII ZR 180/18 hatte das Berliner Landgericht zugunsten eines 80-jährigen, demenzkranken Mieterin entschieden, die seit 45 Jahren ihre Wohnung bewohnt. Die Familie, die mit 2 kleinen Kindern in einer Zweizimmerwohnung lebt und die die Wohnung erworben hatte, hatte vor Gericht das Nachsehen und wollte nicht zu warten, bis sich der Gesundheitszustand der Mieterin so stark krankheitsbedingt verschlechtert, dass diese aus gesundheitlichen Gründen ohnehin die Wohnung verlassen muss.
Landgericht entscheidet gegen kranke Mieter
Im Verfahren VIII ZR 167/17 hatte ein Landgericht dagegen zugunsten der Vermieter entschieden. Die beiden Mieter, die aus einer Doppelhaushälfte ausziehen sollten, hatten sich mit verschiedenen Krankheiten gegen die Kündigung gewandt. Gleichwohl war hier das Gericht der Meinung, dass diesen der Auszug zuzumuten sei, ohne dass es selbst hinreichend aufgeklärt hatte, welche gesundheitlichen Folgen dies für die Mieter haben könnte.
Die Richter BGH hat nun klargestellt, dass ein mit einer Eigenbedarfskündigung befasstest, bei dem sich der Mieter auf einen Härtefall beruft, gegebenenfalls durch ein Gutachten zu klären hat, welche Verschlechterung des Gesundheitszustands durch einen Umzug für einen Mieter konkret zu befürchten wäre. Wenn hier also Gerichte ihre Aufklärungspflicht nicht nachkommen, sondern vielmehr die Prüfung von Härtefallregelungen mit „Bauchgefühl“ verwechseln, dann kann dies ein Urteil angreifbar machen.
Die Fälle verdeutlichen aber auch, dass gerade bei Eigenbedarfskündigungen, sowohl Vermieter als auch Mieter einen langen Atem brauchen, wenn die Angelegenheit bis zum bitteren Ende ausgestritten werden soll. Mieter sind deshalb stets gut beraten, wenn ihnen eine Rechtsschutzversicherung zur Seite steht, die die Kosten abfedert.