Die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte wahr. Außerdem führt sie das Inkasso für auf vergütungspflichtigen Kabelweitersendungen beruhende Ansprüche anderer Verwertungsgesellschaften durch. Diese Verwertungsgesellschaften nehmen die ihnen von Urhebern, ausübenden Künstlern, Sendeunternehmen und Filmherstellern eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte wahr. Als solche tritt die GEMA, zum Leidwesen vieler Gastronomen und Veranstalter, immer dann auf den Plan, wenn beispielsweise Musik oder Filme öffentlich wiedergegeben werden.
Um neben der Gastronomie eine weitere dauerhaft sprudelnde Einnahmequelle zu erschließen gerieten nunmehr Wohnungseigentumsgemeinschaften ins Visier der GEMA. Die Idee war Wohnungseigentümergemeinschaften, die über die Gemeinschaftsantenne der Wohnanlage per Satellit empfangene Fernseh- und Hörfunksignale durch ein Kabelnetz an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weiterleiten, auf Zahlung in Anspruch zu nehmen. Dies deshalb, weil nach Rechtsauffassung der GEMA eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Weiterleitung der Sendesignale das Kabelweitersenderecht der von ihr vertretenen Urheber und Leistungsschutzberechtigten verletzen würde.
Nachdem bereits die ersten beiden Instanzen die Klage abgewiesen hatten, hat nunmehr auch der BGH (Urteil vom 17.09.2015 – I ZR 228/14) klargestellt, dass ein solcher Anspruch nicht besteht, weil die Wiedergabe nicht öffentlich, sondern nur in einer privaten Gruppe erfolgt. Es macht nämlich nach Auffassung des BGH rechtlich keinen Unterschied, ob der Empfang der Signale über eine einheitliche Satellitenschüssel erfolgt und dann über ein Kabelnetz an alle angeschlossenen Wohnungen verteilt wird oder aber ob jeder Wohnungseigentümer den Empfang über seine eigene Satellitenschüssel erhalten würde.
Aus den Urteilsgründen:
Eine Kabelweitersendung setzt nämlich eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG voraus, weil die Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung auf Richtlinien der Europäischen Union (Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG) beruhen.
Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG ist deshalb in Übereinstimmung mit den entsprechenden Bestimmungen dieser Richtlinien und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Danach setzt die Öffentlichkeit einer Wiedergabe voraus, dass einer „unbestimmten Zahl potentieller Adressaten“ der Zugang zu denselben Werken und Leistungen eröffnet wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Wiedergabe auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören.
Eine Wiedergabe beschränkt sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf „besondere Personen“, wenn sie für einen begrenzten Personenkreis vorgenommen wird. So verhält es sich hier. Die Empfänger der von der Beklagten über eine Gemeinschaftsantenne per Satellit und durch ein Kabelnetz in die Wohnungen der Wohnanlage weitergeleiteten Sendesignale sind in ihrer Eigenschaft als Bewohner der Wohnanlage von anderen Personenkreisen abgegrenzt.
Bei der Beurteilung der Frage, ob im Streitfall die über eine Gemeinschaftsantenne empfangenen und durch ein Kabelnetz weitergeleiteten Sendesignale einer „privaten Gruppe“ übermittelt werden, ist zu berücksichtigen, dass diese Sendesignale von einer Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich in die Wohnungen der dieser Gemeinschaft angehörenden Wohnungseigentümer übermittelt werden.
Bei einer wertenden Betrachtung unterscheiden sich der Empfang mittels einer gemeinsamen Satellitenschüssel und die Weiterleitung über ein Kabelnetz in die einzelnen Wohnungen nicht von der Fallgestaltung, dass jeder einzelne Eigentümer für seine eigene Wohnung eine gesonderte Antenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte in seiner Wohnung weiterleitet.
Im zuletzt genannten Fall liegt keine Wiedergabe für eine Öffentlichkeit vor, weil die Wiedergabe auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören. Wenn die Gesamtheit der Wohnungseigentümer anstelle zahlreicher Einzelantennen eine Gemeinschaftsantenne installiert und die empfangenen Sendesignale über Kabel an die Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungen weiterleitet, ist das daher gleichfalls als eine Wiedergabe anzusehen, die auf „besondere Personen“ beschränkt ist, die einer „privaten Gruppe“ angehören. Im Ergebnis leiten die einzelnen Eigentümer die Sendungen nur an sich selbst weiter.
Anmerkung:
Wie absurd das Begehren der GEMA war wird deutlich, wenn man sich die Konsequenzen vor Augen führt, die es gehabt hätte, wenn ihr Begehren erfolgreich gewesen wäre. Dann hätte nämlich jede WEG, um die Gebührenpflicht zu entgehen, künftig auf einen einheitlichen Empfang verzichten und die Eigentümer jeweils eigene Satellitenschüsseln installieren müssen. Die damit einhergehende Verunstaltung für das Orts- und Landschaftsbild liegt auf der Hand.