Die Coronapandemie geht langsam zu Ende. Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern darüber, ob und in welchem Umfang bei coronabedingten Betriebsschließungen die Miete reduziert werden kann, sind zum Großteil bereits geführt und erledigt. Für den Fall, dass Sie noch einen Rechtsstreit haben, der anhängig ist, dann hat der BGH nunmehr in seinem Urteil vom 23.11.2022 (XII ZR 96/21) klargestellt, dass eine Anpassung der Miete zwar grundsätzlich nicht gänzlich ausgeschlossen, die Hürden dafür aber hoch sind, weil der Mieter im Rahmen der in Betracht kommenden Störung der Geschäftsgrundlage darlegen und beweisen muss, dass ihm ein Festhalten am Vertrag zu unveränderten Bedingungen nicht zugemutet werden kann.
Friseursalon möchte keine Miete mehr bezahlen
Die Beklagten hatten Geschäftsräume angemietet und darin einen Friseursalon sowie eine Boutique betrieben und Kosmetikdienstleistungen angeboten. Ein Teil der Räume war auch untervermietet.
In der Zeit vom 23.03.2020 bis zum 03.05.2020 war die Nutzung durch behördliche Anordnung vollständig untersagt. Danach mussten zahlreiche Auflagen erfüllt werden, sodass der Laden bis zum 19.04.2020 geschlossen war. Für Mai bis Juli 2020 haben die Mieter, weil Umsätze ausgeblieben seien, keine Miete bezahlt.
Vor Gericht finden die Mieter kein Gehör
Der Vermieter dagegen hatte hierfür kein Verständnis und zog er vor Gericht. Während bereits das Landgericht Frankfurt am Main als auch das OLG der Klage des Vermieters recht gab und die Mieter zur Zahlung der rückständigen Miete verurteilt hatte, hat nunmehr auch der BGH letztinstanzlich klargestellt, dass die Beklagten gerade keine Anpassung des Vertrags nach den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB verlangen können.
Dies bereits deshalb, da durch die Untervermietung monatliche Einnahmen in Höhe von 550 € erzielt worden sind. Auch hätte der Betrieb sowohl in der Boutique als auch im Friseurladen und Kosmetikbereich nach einer kurzen Zeit der Schließung, in der Umsätze ausgeblieben seien, wieder aufgenommen werden können. Aufgrund des Vorbringens der Beklagten, so die Richter, bleibe unklar, ob und in welchem Umfang Einsparungen während der pandemiebedingten Betriebsbeschränkungen vorgenommen werden konnten und wie sich die behaupteten Umsatzrückgänge auf das Geschäftsergebnis ausgewirkt hätten. Mangels hinreichenden Vortrags ist also die Verurteilung auch vom BGH bestätigt worden.
Anmerkung:
Auch, wenn die Pandemie, so jedenfalls hat es augenblicklich den Anschein, zu Ende geht, und nicht in naher Zukunft mit weiteren vergleichbaren Maßnahmen zu rechnen ist, so ist durch die Entscheidung des BGH nun klar, dass Mieter auch bei einer Betriebsschließungen oder bei Betriebseinschränkungen grundsätzlich verpflichtet sind vollständig die Miete zu bezahlen. Nur dann, wenn Mieter willens und in der Lage sind, ihr innerstes Geschäftsleben offenzulegen und den Nachweis der Unzumutbarkeit führen können, was sich der Praxis durchaus beschwerlich darstellt, dann kann ausnahmsweise eine Reduzierung der Miete über die Regelungen von der Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht kommen. Bereits zuvor in seinem Urteil vom 12.01.2022 (XII ZR 8/21) hatte der BGH bereits klargestellt, dass pandemiebedingte Schließungen keine Mietmangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB darstellen und nach den in Betracht kommenden Regelungen von der Störung der Geschäftsgrundlage es sehr stark auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, so dass eine pauschale Verteilung des Risikos im Verhältnis 50 zu 50, wie dies z.B. das OLG Dresden „salomonisch“ in seinem Urteil vom 24.02.2021 (5 U 1782/20) vorgenommen hatte, nicht in Betracht kommt.
Dort hatte der BGH auch klargestellt, dass bei der Prüfung, ob der Mieter ein unverändertes Festhalten am Vertrag zumutbar ist, außerdem staatliche Leistungen, die zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile erlangt worden sind, zu berücksichtigen seien.
Die Rechtsprechung, die sich hier im Rahmen der Corona Pandemie entwickelt hat, mag zwar für den Augenblick nicht mehr relevant sein. Sollte es allerdings wirklich soweit kommen, dass demnächst zwangsweise Betriebsschließungen durch Gas- und Stromknappheit und damit verbundene Blackouts erfolgen werden, dann steht bereits heute fest, wer die Verlierer sind: Gewerbemieter und Arbeitgeber, die unvermindert Miete und Lohn weiterbezahlen müssen. Besonders betroffen sind dann Arbeitgeber, die ihre Betriebsräume gemietet haben, weil diese dann einerseits die volle Miete an den Vermieter bezahlen müssen und andererseits auch die Belegschaft aufgrund der Lehre vom Betriebsrisiko einen Anspruch auf ungeminderte Lohnzahlung hat. Gerade kleinere Arbeitgeber werden hier wieder erneut mit dem Rücken zur Wand stehen, in dem ihre Gewinne ganz oder teilweise von Betriebsschließungen aufgezehrt werden mit der Folge, dass erneut kleinere Unternehmen geneigt sein werden die Selbständigkeit an den Nagel zu hängen und in ein sozialersicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wechseln.