Die Deutschen lieben Titel. Gleichgültig, ob Dr. oder Professor oder gleich ein Adelstitel. Hauptsache es klingt gut und macht was her. Deshalb sind manche Menschen, wenn es darum geht Titel zu erlangen, nicht nur sehr leichtgläubig, in dem sie Dr. oder Professorentitel von Universitäten kaufen, die real gar nicht existieren, sondern deren Geschäftsmodell darin besteht Leichtgläubige abzuzocken. So ist es beispielsweise nach englischem Recht möglich sich durch einseitige Erklärung (sog. „deed poll“) eine Namensänderung herbeizuführen, sich also einen vollständigen neuen Namen zu geben und zwar nicht nur einen Vornamen, sondern auch einen beliebigen Nachnamen.
Die Antragstellerin, die 1983 in Deutschland als „Silke Nicole Voh“ im Personenstandsregister registriert worden ist und die seit 1999 in England lebte und 2011 neben der deutschen Staatsangehörigkeit auf die britische Staatsangehörigkeit erworben hat, strebte offensichtlich nach Höherem, denn kaum, dass sie auch die britische Staatsbürgerschaft hatte, wollte sie ihren Namen in „Silia Valentina Mariella Gräfin von Fürstenstein“ ändern. Zu diesem Zweck gab sie im Dezember 2011 gegenüber der britischen Botschaft in Bern eine private Namensänderungserklärung ab. Eine Verwandtschaft oder sonst soziale Beziehung zu den Trägern des Namens bestand nicht. Gleichwohl erhielt sie von den britischen Behörden 2013 einen auf den neuen Namen ausgestellten Reisepass.
Das genügte ihr aber nicht, sondern sie verlangte nunmehr in Deutschland beim zuständigen deutschen Standesamt unter Bezugnahme auf Art. 48 EGBGB mit ihrem neuen Namen im deutschen Personenstandsregister eingetragen zu werden. Da das Standesamt sich weigerte, zog die selbst ernannte Gräfin vor Gericht und beantragte das Standesamt zur Fortschreibung der sie betreffenden Geburteneintrags dahingehend anzuweisen, dass ihre Vornamen nun „Silia Valentina Mariella“ und ihr Familienname „Gräfin von Fürstenstein“ laute.
Nachdem bereits das Amtsgericht als auch das Oberlandesgericht den Antrag abgelehnt hatte, landete der Rechtsstreit schließlich beim BGH.
Kein Anspruch auf Namensangleichung bei Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public)
Dort haben die Richter zunächst im Rahmen der Rechtsbeschwerde festgestellt, dass zwar grundsätzlich Namensänderungen durch „deed poll“ zur Namensangleichung einzutragen seien.
Dies gelte allerdings dann nicht, wenn eine frei gewählte deutsche Adelsbezeichnung, wie dies im vorliegenden Fall gegeben sei, mit der deutschen öffentlichen Ordnung nicht zu vereinbaren sei. Der noch heute geltende Rechtszustand bezüglich der namensrechtlichen Behandlung von Adelsbezeichnungen beruhe auf dem – gemäß Art. 123 Abs. 1 GG als einfaches Bundesrecht fortgeltenden – Art. 109 Abs. 3 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV), wonach Adelsbezeichnungen nur als Teil des Namens gelten und nicht mehr verliehen werden dürfen. Dieser Vorschrift ist nach Ansicht des BGH zumindest in ihrer Tendenz zu entnehmen, dass sie jedes staatliche Handeln missbillige, welches zu einer Schaffung von neuen Adelsbezeichnungen oder zum Wiederaufleben erloschener Adelsbezeichnungen führe, auch wenn diese nur noch als Bestandteile des bürgerlichen Familiennamens gelten. Dem entspreche eine bis in die Zeiten der Weimarer Republik zurückgehende Rechts- und Verwaltungspraxis, bei der Vergabe von Adelsbezeichnungen im Wege der öffentlich-rechtlichen Namensänderung größte Zurückhaltung zu üben. Dieser aus Art. 109 Abs. 3 Satz 2 WRV zu entnehmende Rechtsgedanke gehört, so die Richter, zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Namensrechts und ist damit Bestandteil der öffentlichen Ordnung (ordre public).
Die bloße Abschaffung des Adels als rechtlicher Institution habe nach Auffassung des Gerichts auch mehrere Generationen nach dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung noch nichts daran geändert, dass den funktionslos gewordenen Adelsbezeichnungen im Namen in der Vorstellung breiter Bevölkerungskreise weiterhin eine besondere soziale und gesellschaftliche Bedeutung beigemessen wird. Zwar könnten in Deutschland Namen mit Adelsbezeichnungen aufgrund familienrechtlicher Vorgänge weitergegeben werden, was eine notwendige Folge der Herabstufung der früheren Adelstitel zu einem bloßen Namensbestandteil sei. Gleichwohl entspreche es dem Gebot staatsbürgerlicher Gleichheit, wenn der Staat dem darüber hinaus gehenden Bestreben Einzelner, sich durch eine isolierte Änderung ihres Namens den Anschein einer gegenüber anderen Bürgern herausgehobenen sozialen oder gesellschaftlichen Stellung zu geben, seine Mitwirkung verweigert.
Wer also (auch) britischer Staatsbürger ist und dem es ausreicht nur in einem britischen Pass das Wort „von“ im Namen zu haben, der kann dies in England relativ einfach umsetzen, bleibt dann allerdings für die deutschen Behörden weiterhin Herr Meier oder Frau Müller, je nachdem, wie im deutschen Personenstandsregister eingetragen ist.