Wird ein Miteigentümer bei einer Eigentümerversammlung versehentlich nicht eingeladen, dann sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse zwar anfechtbar, nicht aber per se nichtig. Dies hat der BGH nunmehr in seinem Urteil vom 20.07.2012 (Az.: V ZR 235/11) klargestellt und dabei seine bisherige Rechtsprechung bestätigt. Nur in ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen kann es zur Nichtigkeit kommen, etwa wenn der Wohnungseigentümer in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden sollte.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung folgendermaßen:
„1. Nach der Rechtsprechung des Senats führt die Nichteinladung einzelner Wohnungseigentümer regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit. Ein Beschluss ist im Sinne von § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG nur dann nichtig, wenn er gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Solche unabdingbaren Rechtsvorschriften ergeben sich entweder aus den zwingenden Bestimmungen und Grundsätzen des Wohnungseigentumsgesetzes oder aus den Normen des übrigen Privat- oder öffentlichen Rechts, namentlich aus §§ 134, 138 BGB und § 56 Satz 2 ZVG. Hierzu gehören nicht die in § 24 WEG für die Einberufung einer Eigentümerversammlung enthaltenen Formvorschriften, weil diese dispositiv sind und durch Vereinbarung abgeändert werden können (Senat, Beschluss vom 23. September 1999 – V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 294).
2. Die überwiegende Meinung hat sich dem – u.a. auch aufgrund von Praktikabilitätserwägungen – angeschlossen und teilweise ergänzt, dass ausnahmsweise Nichtigkeit zu bejahen sei, wenn der einzelne Wohnungseigentümer vorsätzlich und gezielt von der Mitwirkung in der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschlossen werden soll. Eine solche bewusste Umgehung des Mitwirkungsrechts komme einem Ausschluss des Wohnungseigentümers an der Mitverwaltung gleich (BayOblG, NZM 2005, 630, 631; OLG Köln, NZM 2004, 793; OLG Zweibrücken, ZMR 2004, 60, 62; OLG Celle, ZWE 2002, 276, 77; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 24 WEG Rn. 158; MünchKommBGB/Engelhardt, 5. Aufl., § 24 WEG Rn. 17; Timme/Steinmeyer, WEG, § 23 Rn. 133; Riecke in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl., § 24 Rn. 57; Pa-landt/Bassenge, BGB, 71. Aufl., § 24 WEG Rn. 14; Weitnauer/Lüke, 9. Aufl., § 23 Rn. 16; Elzer in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 24 Rn. 53; ders., ZWE 2010, 233, 235 f.).
3. Nach anderer Ansicht führt die – gleich aus welchem Grund – unterbliebene Ladung eines Wohnungseigentümers zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse. Die Nichtladung nehme dem Wohnungseigentümer die Möglichkeit, sich an der Willensbildung in der Versammlung zu beteiligen; dies verletze sein unverzichtbares Teilnahmerecht und greife in den Kernbereich der Mitgliedschaft ein. Der ohne Mitwirkung des Nichtgeladenen gefasste Beschluss könne deshalb wegen Verstoßes gegen eine unverzichtbare Rechtsvorschrift nicht gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG bestandskräftig werden (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl, § 23 Rn. 172; Merle/Becker, Festschrift für Deckert, S. 231, 246 f.; Bonifacio, NZM 2011, 10 ff.; Suilmann, Beschlussmängelverfah-ren im Wohnungseigentumsrecht, S. 34).
4. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung (BGHZ 142, 290, 294) fest. Die unterbliebene Ladung eines Wohnungseigentümers führt nur in ganz besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen zur Nichtigkeit der in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse, etwa wenn der Wohnungseigentümer in böswilliger Weise gezielt von der Teilnahme ausgeschlossen werden soll. Ein solcher Ausnahmefall liegt hingegen nicht vor, wenn die Ladung nur irrtümlich unterblieben ist. So verhält es sich hier. Der Verwalter hatte den Beklagten zwar bewusst nicht zur Eigentümerversammlung geladen; dies beruhte aber auf einem bloßen Rechtsirrtum, da er fälschlich annahm, Garageneigentümer zählten nicht zu dem Kreis der Wohnungseigentümer und seien daher nicht zu laden. Ein solcher Fehler führt nicht zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse.“