Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Zusammenhang mit Prämiensparverträgen bildet einen wesentlichen Meilenstein in der Rechtsprechung zu dieser Thematik. Im Kern der Entscheidung des BGH, Urteil vom 14.11.2023 – XI ZR 88/23, steht die Frage der ordentlichen Kündigung von Prämiensparverträgen durch Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe.
Hintergrund des Falls
In diesem spezifischen Fall hatte der BGH zu bewerten, ob eine ordentliche Kündigung von Prämiensparverträgen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe zulässig sei. Der Fokus lag dabei auf Verträgen, die eine ungewöhnlich lange Laufzeit von 99 Jahren aufwiesen. Es stellte sich die Frage, ob diese Laufzeit als bindend anzusehen sei oder lediglich auf technischen Gegebenheiten beruhte, wie die Sparkasse behauptete.
Vertragstext ist für juristisch nicht gebildeten Durchschnittskunden als Laufzeit über 99 Jahre zu verstehen
Der BGH kam zu dem Schluss, dass eine Kündigung der Verträge durch die Sparkasse unzulässig sei, falls in der Vertragsurkunde eine über die Erreichung der höchsten Prämienstufe hinausgehende Vertragslaufzeit festgelegt wurde. Dies begründete der BGH damit, dass der durchschnittliche rechtlich nicht gebildete Kunde die Vertragsdauer von 99 Jahren als verbindlich ansehen würde. Hinzu kam, dass die Klausel mit dem Wort „Vertragsdauer“ überschrieben war und an einen Passus anschloss, wonach die Bremen Staffel für die gesamte Laufzeit des Vertrags als fest vereinbart gelten sollte. Nach Auffassung der Richter seine Laufzeit von nur 90 Jahren auch nicht zu ungewöhnlich, dass sich dem Grunde hätte aufbringen müssen, dass die Sparkasse nicht für einen so langen Zeitraum habe auf Ihr Kündigungsrecht verzichten wollen. Dass dies lediglich auf einer technischen Gegebenheit beruht, sei für den Durchschnittskunden nicht ersichtlich gewesen. Weiter haben die Richter klargestellt, dass es darauf ankommen würde, wie die Parteien die Klausel verstanden hätten. Das Berufungsgericht hat es versäumt, die Klägerin hierzu anzuhören, so dass der Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen wurde. Dieses Urteil folgt dem bereits im Jahr 2019 gefällten Urteil des BGH (XI ZR 345/18), das klarstellte, dass das Kündigungsrecht der Sparkassen und Banken bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist.
Die Entscheidung des BGH ist insofern von Bedeutung, als sie den Verbraucherschutz stärkt und Klarheit schafft hinsichtlich der Verbindlichkeit von Vertragslaufzeiten in Prämiensparverträgen. Für betroffene Verbraucher bedeutet dies, dass sie sich auf die in ihren Verträgen festgelegten Laufzeiten verlassen können und die Kündigungen der Sparkassen nicht ohne Weiteres hinnehmen müssen. Zudem weist der BGH darauf hin, dass in vielen Fällen auch die Zinsen von den Sparkassen und Banken zu gering berechnet worden sind, was zusätzlich rechtlich überprüft werden sollte.
Falls Sie also noch einen Rechtsstreit wegen der Kündigung eines Prämiensparvertrags bei Gericht anhängig haben, dann kann das Urteil für Ihre Argumentation hilfreich sein.