In Zivilsachen richten sich die Anwaltsgebühren, solange nichts anderes vereinbart ist, grundsätzlich nach den Regelungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Gerade bei hohen Gegenstandswerten wird bei außergerichtlicher Tätigkeit deshalb oft im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung eine andere Regelung getroffen. Was aber ist, wenn die Regelung aus Gründen (die der Rechtsanwalt zu vertreten hat) unwirksam ist? Lebt dann die gesetzliche Gebührenanspruch in voller Höhe wieder auf, so dass die Unwirksamkeit einseitig zulasten des Rechtsuchenden geht?
Mit dieser Frage hatte sich bereits vor einiger Zeit in einem von unserer Kanzlei vertretenen Fall das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München befasst. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts bestand darin, dass eine Bank, die zunächst einen Kredit für den Kauf eines Hotels zugesagt dann aber nicht ausgezahlt hatte, dazu gebracht werden sollte, doch noch einen entsprechenden Darlehensvertrag abzuschließen. Anstelle der gesetzlichen Gebühren war ein Pauschalhonorar von 20.000 EUR sowie ein Erfolgshonorar iHv. 10.000 EUR vereinbart.
Der Mandant bezahlte bei dem Anwalt zunächst das Pauschalhonorar. Als er merkte, dass dessen Tätigkeit mehr schädlich denn nützlich war, weil der Anwalt bereits zu dem vereinbarten Besprechungstermin mit der Bank 2 Stunden zu spät kam und auch im Rahmen der Verhandlung keinen konstruktiven Gesprächsbeitrag geleistet hatte, verzichtete er auf die weitere Mitwirkung des Rechtsanwalts.
Dem Mandanten gelang es dann einige Zeit später durch weitere Verhandlungen, die er selbst gemeinsam mit dem Verkäufer der Immobilie und der Bank geführt hatte, die Bank umzustimmen und zur Auszahlung des Kredits zu bewegen.
Als der Rechtsanwalt davon Kenntnis erlangt hat, war er der Meinung nun auch noch Anspruch auf das Erfolgshonorar zu haben. Er hat nun kurzerhand seinen weiteren Anspruch an die anwaltliche Verrechnungsstelle, also ein Factoring-Unternehmen, abgetreten. Diese verlangte dann die Bezahlung von 10.000 EUR. Nachdem sich der Mandant auf die Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung hinsichtlich des Erfolgshonorars berufen hat, rechnete die anwaltliche Verrechnungsstelle nunmehr erneut unter Zugrundelegung der gesetzlichen Gebühren und eines Streitwerts von 7,8 Millionen EUR ab und verlangte rund 120.000 EUR. Die bereits gezahlte Pauschalvergütung iHv 20.000 EUR hat sie verrechnet.
Das Landgericht München I und dem Oberlandesgericht München haben die Klage zum Großteil abgewiesen und dabei die Auffassung vertreten, dass der gesetzliche Gebührenanspruch nur in der Höhe auflebt, in der das Erfolgshonorar vereinbart wurde.
Der BGH hat nunmehr mit Beschluss vom 13.02.2014 (IX ZR 137/12) die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage welche Auswirkungen eine unwirksame Erfolgshonorarvereinbarung auf den gesetzlichen Gebührenanspruch im Anwendungsbereich des RVG habe noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist und grundsätzliche Bedeutung habe.
Anmerkung:
Die Rechtsprechung der beiden Münchener Gerichte hat (unseriösen) Rechtsanwälten quasi einen Freibrief zur Vereinbarung unwirksamer Erfolgshonorare erteilt. Wird die Rechtsprechung konsequent zu Ende gedacht führt sie doch zu dem Ergebnis, dass ein Anwalt getrost in dem Wissen, dass die Honorarvereinbarung unwirksam ist, eine solche abschließen kann, weil daraus für ihn keine nachteiligen Folgen entstehen, sondern er jedenfalls über den Umweg über die gesetzlichen Gebühren in jedem Fall eine Zahlung in gleicher Höhe erlangt. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BGH sogar noch einen Schritt weiter geht und in derartigen Fällen den vollen gesetzlichen Gebührenanspruch zubilligt. Dies wäre sicherlich ein Schritt in die falsche Richtung, weil damit betrügerisch Rechtsanwälten Tür und Tor geöffnet würde. Diese könnten dann nämlich künftig auf den ersten Blick, um an das Mandat zu gelangen, ihre Leistung für den Mandanten kostengünstig verkaufen, indem anstelle von fixen Gebühren eine möglichst hohe (unwirksame) Erfolgsbeteiligung vereinbart wird, während dann später die vollen gesetzlichen Gebühren zur Abrechnung gebracht werden, wohl wissend, dass der Mandant bei der Aufklärung über die Gebührenhöhe den Auftrag nicht oder jedenfalls nicht so erteilt hätte.