Abmahnungen wegen (vermeintlicher) Verstöße gegen das UrhG bei sog. Filesharing im Internet, sind ein Millionengeschäft. Wird die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben, dann besteht für die Geltendmachung des (kostspieligen) Unterlassungsanspruchs kein Rechtschutzbedürfnis mehr. Im Raum stehen dann regelmäßig nur noch die geforderten Abmahngebühren der Rechtsanwälte. Da sich, aufgrund des niedrigen Streitwerts, für die abmahnenden Kanzleien ein Rechtsstreit nicht lohnt, werden die behaupteten Zahlungsansprüche zwar meist noch mehrfach angemahnt, dann aber oft doch nicht verfolgt.
Da solche Kanzleien oft mehrere 1.000 Abmahnungen pro Jahr verschicken, hat sich zwischenzeitlich ein neuer Geschäftszweig gebildet. Die Kanzleien verfolgten ihre vermeintlichen Ansprüche nicht selbst, sondern verkaufen diese (mit großen Preisabschlägen) an Dritte, die nun versuchen an das Geld zu kommen. Umgekehrt besteht aber auch bei jedem Abgemahnten anwaltlicher Beratungsbedarf, so dass auch insoweit Streit um die Vergütung des Rechtsanwalts entstehen kann.
Der BGH (Beschluss vom 17.01.2013 – I ZR 194/12) hat nunmehr letztinstanzlich entschieden, dass diese Regelung für die bloße Geltendmachung von Anwaltsgebühren aufgrund vorangegangener urheberrechtlicher Abmahnungen nicht einschlägig sei, so dass sich die Zuständigkeit im Einzelfall nach den allgemeinen Zuständigkeitsregelung bestimmt.
Aus den Urteilsgründen:
„… Urheberrechtsstreitsachen sind nach der Legaldefinition des § 104 Satz 1 UrhG alle Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird. Zweck der Konzentration von Urheberrechtsstreitsachen auf den ordentlichen Rechtsweg (§ 104 Satz 1 UrhG) und der Ermächtigung zur Konzentration solcher Streitsachen bei bestimmten Landgerichten (§ 105 Abs. 1 UrhG) und Amtsgerichten (§ 105 Abs. 2 UrhG) ist die besondere Sachkunde des auf Urheberrechtssachen spezialisierten Gerichts (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1987 – I ARZ 801/87, ZUM 1990, 35). Im Blick auf diesen Zweck ist der Begriff der Urheberrechtsstreitsache zwar weit auszulegen (Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 104 Rn. 2; Wild in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., § 104 UrhG Rn. 3; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 104 UrhG Rn. 1, jeweils mwN). Betrifft das den Streitgegenstand bildende Rechtsverhältnis jedoch ausschließlich Anspruchsvoraussetzungen und sonstige Tatbestandsmerkmale, für deren Beurteilung das Gericht auch bei summarischer Betrachtung keines solchen Sachverstands bedarf, ist eine Ausdehnung der Zuständigkeit des für Urheberrechtsstreitsachen zuständigen Gerichts sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. zum Begriff der Patentstreitsache BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 – X ZB 4/09, GRUR 2011, 662 Rn. 9 f. – Patentstreitsache; vgl. weiter OLG Hamm, Beschluss vom 27. April 2012 – 32 SA 29/12, juris Rn. 6).
Danach handelt es sich bei einer Klage auf Zahlung des Rechtsanwaltshonorars für die Beratung und Vertretung in einer Urheberrechtssache nicht um eine Urheberrechtsstreitigkeit. Die Honorarforderung beruht nicht auf dem Urheberrecht und hängt auch nicht von einem im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnis ab; sie ergibt sich vielmehr aus dem Rechtsanwaltsvertrag, dem bürgerlichen Recht und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts wird zwar inhaltlich von dem der Beauftragung zugrundeliegenden Sachverhalt bestimmt. Dies führt jedoch nicht dazu, dass das rechtsanwaltliche Vertragsverhältnis den rechtlichen Charakter der zugrundeliegenden Rechtsangelegenheit teilt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 27. April 2012 – 32 SA 29/12, juris Rn. 7). Auch der Umstand, dass die Schwierigkeit des dem Mandatsverhältnis zugrundeliegenden urheberrechtlichen Sachverhalts bei der Bemessung des für die Höhe der Vergütung maßgeblichen Gegenstandswerts und Gebührensatzes zu berücksichtigen ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass ansonsten auch anwaltliche Honorarforderungen, die eine familiengerichtliche Streitigkeit betreffen, vor dem Familiengericht und solche, die eine arbeitsrechtliche Angelegenheit betreffen, vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden müssten.“
Anmerkung:
Der vom BGH entschiedene Fall betrifft die Situation, dass diejenigen Rechtsanwälte, die den Abgemahnten verteidigt hatten, ihre Forderung an ein Inkassounternehmen abgetreten haben, das dann gegen den Mandanten im Klageweg vorgegangen ist.
Der klassische Fall – also Abmahnanwalt verklagt den Abgemahnten auf Abmahngebühren – ist damit aber nicht gemeint. Hier bestimmt sich die Zuständigkeit grds. nach §§ 104a, 105 UrhG.