Gibt der Insolvenzverwalter das Vermögen des Schuldners aus seiner selbständigen Tätigkeit frei und wird über dieses Vermögen ein gesondertes Insolvenzverfahren eröffnet, ist ein in diesem Verfahren gestellter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung jedenfalls so lange unzulässig, als über seinen im Ausgangsverfahren gestellten Restschuldbefreiungsantrag nicht entschieden ist (BGH, Beschluss vom 18.12.2014 – IX ZB 22/13).
Die Unzulässigkeit des Antrags ergebe sich aus einer Analogie zu § 290 Abs.1 Nr.3 InsO a.F., so die Richter. Der Senat hat bereits in vorangegangenen Entscheidungen die Analogiefähigkeit dieser Norm bestätigt und entschieden, dass ein Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung neben den gesetzlich normierten Fällen auch dann unzulässig ist, wenn
- der frühere Restschuldbefreiungsantrag als unzulässig verworfen worden ist;
- der Schuldner seinen Antrag auf Restschuldbefreiung im ersten Insolvenzverfahren zurückgenommen hat;
- sein erster Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und auf Restschuldbefreiung wegen Nichterfüllung einer zulässigen Auflage als zurückgenommen gilt.
Eine Analogie ist grundsätzlich zulässig und geboten, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen.
Das Gesetz enthält für den Fall, dass bei noch laufendem ersten Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren aufgrund neuer Verbindlichkeiten in einem ausnahmsweise zulässigen zweiten Insolvenzverfahren ein zweiter Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt werde, eine Regelungslücke. Auch sei die Regelungslücke, so der BGH, planwidrig, denn bei Einführung der Insolvenzordnung habe für den Gesetzgeber keine Veranlassung bestanden, den hier in Rede stehenden Fall zu regeln. Der Antrag auf Restschuldbefreiung setzt einen Eigenantrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus. Ist bereits ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet, sind weitere Anträge auf Eröffnung des Verfahrens über dasselbe insolvenzbefangene Vermögen unzulässig. Mit Beschluss vom 09.06.2011 hat der Senat klargestellt, dass im Sonderfall des § 35 Abs.2 InsO (Freigabe der selbstständigen Tätigkeit aus der Insolvenzmasse) ein zweites auf das Vermögen aus der freigegebenen selbständigen Tätigkeit beschränktes Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Die Bestimmung sei durch das Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.4.2007 (BGBl. I S. 509) eingefügt worden. Zu diesem Sondersachverhalt verhalten sich die durch das vorgenannte Gesetz nicht veränderten Bestimmungen zum Restschuldbefreiungsverfahren folgerichtig nicht.
Weiterhin sei die zu entscheidende Fallkonstellation mit dem in § 290 Abs.1 Nr. 3 InsO a.F. geregelten Tatbestand vergleichbar. Sowohl die Regelungssystematik der §§ 287 ff. InsO als auch Sinn und Zweck von § 290 Abs.1 Nr. 3 InsO a.F. rechtfertigten eine Analogie. Es könne deshalb angenommen werden, dass der Gesetzgeber einen Zweitantrag auf Restschuldbefreiung nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit des Schuldners in Ausweitung des Anwendungsbereiches von § 290 Abs.1 Nr. 3 InsO a.F. jedenfalls bis zum Abschluss des Erstverfahrens als gesperrt und damit unzulässig angesehen hätte.