Verbraucher haben bei Fernabsatzgeschäften ein Widerrufsrecht. Dies ist hinlänglich bekannt. Einen besonderen Grund braucht der Verbraucher nach den Vorgaben des Gesetzgebers dafür nicht. Wichtig ist nur, dass die Widerrufsfrist eingehalten wird und der Widerruf in der richtigen Form erfolgt.
Trotz dieser eindeutigen Vorgaben ist nunmehr gleichwohl ein Rechtsstreit über einen ausgeübten Widerruf vor dem BGH mit Urteil vom 16.03.2016 (VIII ZR 146/15) zugunsten des Verbrauchers entschieden und der Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises verurteilt worden.
Vorausgegangen war ein Matratzenkauf. Der Verkäufer hatte diese mit „Tiefpreisgarantie“ angeboten. Als der Käufer dann die Matratzen doch noch in einem anderen Shop billiger fand und vom Verkäufer die Preisdifferenz ersetzt haben wollte, weigerte sich diese diesen zu erstatten. Daraufhin erklärte der Käufer den Widerruf und verlangte den gesamten Kaufpreis zurück. Der Verkäufer argumentierte damit, dass die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich sei, weil das Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften nur deshalb bestehe, damit der Verbraucher die Ware überprüfen könne. Vorliegend sei es aber nicht darum gegangen, dass der Käufer nicht mit der Qualität der Ware zufrieden gewesen sei, sondern er habe widerrufen, um die „Tiefpreisgarantie“ durchzusetzen. Dies sei rechtsmissbräuchlich.
Die Argumentation des Käufers zählte vor Gericht nicht. Aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage, kommt es nämlich, so die Richter, auf die Motivation des Verbrauchers für den Widerruf nicht an. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Von Bedeutung sei einzig, dass der Widerruf fristgerecht erfolgt ist.
Anmerkung:
Ein Ausschluss dieses von keinen weiteren Voraussetzungen abhängenden Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbrauchers kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Unternehmer besonders schutzbedürftig ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt, etwa indem er eine Schädigung des Verkäufers beabsichtigt oder schikanös handelt.
Nachdem sich die Rechtsfolge des unbeschränkten Widerrufsrechts bereits eindeutig aus dem Gesetz ergibt und vorliegend auch keine Anhaltspunkte für Rechtsmissbrauch vorgelegen haben ist erstaunlich, dass der Rechtsstreit überhaupt bis zum BGH gelangt ist. Streitigkeiten kommen nämlich nur dann zum Bundesgerichtshof, wenn das Berufungsgericht die Revision zulässt oder aber eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich ist.
Die Entscheidung ist daher nicht, wie sie teilweise in der Presse dargestellt wird, ein „Meilenstein“ zum Schutz der Verbraucher, sondern ein Beispiel dafür, wie zufällig und teilweise auch willkürlich Recht sein kann, wenn es bei eindeutiger Gesetzeslage eine solche Lappalie bis zum Bundesgerichtshof schafft, während andere Streitigkeiten aus unterschiedlichen Gründen dieses Recht verwehrt wird.