In unserem Artikel vom 24.11.2015 ging es um die Transparenz in Sachen Datenschutz im Internet. Auch heute berichten wir nun von einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.11.2015 – VIII ZR 360/14) das sich mit Transparenz, diesmal von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, befasst.
Hand aufs Herz. Haben Sie schon einmal vor einem Vertragsschluss Allgemeine Geschäftsbedingungen gelesen? Nein! Damit sind Sie nicht allein, denn die meisten Verbraucher lesen das „Kleingedruckte“ vor einem Vertragsschluss überhaupt nicht. Nicht selten sind die AGB nur am Rande erwähnt oder der ausufernd umfangreiche Text in kaum lesbarer Kleinschrift zum Vertragswerk beigefügt. Darin sind jedoch im Streitfall die interessantesten und oft entscheidenden Regelungen enthalten.
Auf den Punkt gebracht kann Transparenz in dem privaten Geschäftsverkehr in der Regel nie zu weit gehen.
Transparenz ist jedoch nicht mit Rechtsberatung gleichzusetzen. Wenn die AGB eine Regelung vorsehen, muss der Vertragspartner nicht gleichzeitig darauf hingewiesen werden, welche Möglichkeiten und Rechtsmittel ihm hiergegen zur Verfügung stellen. Wer hier Klarheit möchte, der muss Rechtsberatung durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin in Anspruch nehmen.
In der Sache ging es konkret um zwei Stromanbieter, die zueinander im Wettbewerb standen. Der eine Stromanbieter verwendete unter anderem folgende Klausel in seinen AGB:
„Der Lieferant wird die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Preise darüber hinaus nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anpassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Preiserhöhung kommt in Betracht und eine Preisermäßigung ist vorzunehmen, wenn sich zum Beispiel die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilernetzes erhöhen oder absenken oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen (zum Beispiel durch die Einführung von Netzzugangsentgelten für Einspeisungen, Änderungen der Belastungen nach dem EEG oder KWKG). Steigerungen bei einer Kostenart, zum Beispiel den Strombezugskosten, dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, erfolgt. Bei Kostensenkungen, zum Beispiel der Strombezugskosten, sind vom Lieferanten die Preise zu ermäßigen, soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Der Lieferant wird bei der Ausübung seines billigen Ermessens die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen werden als Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen.“
Der Wettbewerber klagte gegen die Verwendung dieser AGB, weil sie nicht transparent genug seien. Das ergebe sich daraus, dass darin nicht auf die Möglichkeit hingewiesen wird, künftige Preisanpassungen gemäß § 315 Abs. 3 BGB gerichtlich auf ihre Billigkeit überprüfen zu lassen.
Während die Berufungsinstanz dem Kläger noch recht gab, führte der BGH aus, das Transparenzgebot gebiete es nicht, die aus dem Gesetz folgenden Rechte der Vertragsparteien ausdrücklich oder vollständig zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren. Ebenso wenig sei ersichtlich, dass die Beklagte durch ihre Klauselgestaltung insoweit die Gefahr von Fehlvorstellungen ihrer Kunden hervorgerufen oder verstärkt habe.
Man sieht also, dass nicht immer alles in einem Vertrag geregelt wird, auch nicht in den begleitenden Geschäftsbedingungen. Auch, wenn man die Allgemeinen Geschäftsbedingungen versteht und diese dem Transparenzgebot entsprechen, kann es sein, dass auf wichtige Aspekte nicht hingewiesen wird, weil sie sich vielleicht direkt aus dem Gesetz ergeben oder der richterlichen Rechtsfortbildung. Diese Tatsache beschränkt sich natürlich nicht auf Strom- und Energierechnungen, sondern trifft auf jedes Vertragswerk zu. Gerade deshalb ist es wichtig, nicht erst im Streitfall, sondern schon vor Vertragsschluss sich von einer kompetenten Rechtsanwaltskanzlei beraten zu lassen; erst recht, wenn es um hohe Beträge geht, bei denen man kein Risiko eingehen möchte.
Wie heißt es so schön: Eine Unterschrift kann reich machen oder ruinieren. Deshalb, jedenfalls in wichtigen Angelegenheiten, keine Unterschrift ohne vorherige Prüfung dessen, was man unterschreibt.