Eltern übertragen oft noch zu Lebzeiten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Vermögenswerte auf ihre Kinder, sei es um die Übertragung des Nachlasses steuerlich zu optimieren oder aber einfach den Kindern noch zu Lebzeiten Vermögensvorteile zukommen zu lassen. Verschlechtert sich das Verhältnis, dann kann es manchmal sogar vorkommen, dass Streit darüber entsteht, ob überhaupt eine Schenkung vorliegt und die Eltern dann Rückforderungsansprüche geltend machen.
So hat in einem nunmehr vom BGH letztinstanzlich entschieden Fall eine Mutter von ihrer Tochter die Rückzahlung von 36.450 € verlangt, die dieser zuvor teils durch Überweisung, teils aber auch durch in bar geleistete Teilzahlungen überlassen worden sind. Die Mutter hat sich dabei auf ungerechtfertigte Bereicherung berufen und eine wirksame Schenkung in Abrede gestellt. Während das zuvor mit der Angelegenheit befasste Landgericht und Oberlandesgericht der Mutter Recht gaben und die Tochter zur Rückzahlung verurteilt haben, hat nunmehr letztinstanzlich der BGH (Urteil vom 11.03.2014, X ZR 150/11) die vorangegangenen Urteile aufgehoben und zu Gunsten der Tochter die Klage abgewiesen. Dies deshalb, weil die Instanzgerichte die Darlegungs- und Beweislast bei der Rückforderung von Schenkungen verkannt haben.
Aus den Urteilsgründen:
„Die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen Bereicherungsanspruch der Klägerin bejaht, hält in einem entscheidenden Punkt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Darlegungs- und Beweislast für die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller. Er hat das Risiko des Unterliegens im Prozess zu tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Dies gilt auch, soweit zur Anspruchsbegründung eine negative Tatsache, wie das Fehlen eines Rechtsgrundes gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, gehört (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2006, VI ZR 34/05, BGH, Urteil vom 18.02.2009, XII ZR 163/07). Entgegen den Ausführungen im angegriffenen Urteil ändert sich diese Beweislast, die regelmäßig wie im Streitfall zum materiellen Recht zählt, nicht aufgrund von Plausibilitätserwägungen.
Der Beweis des Rechtsgrundes der geleisteten Zahlungen obliegt der Beklagten im Streitfall auch nicht deshalb, weil sie eine Schenkung behauptet. Soweit der Leistungsempfänger sich mit einem nicht notariell beurkundeten Schenkungsversprechen als Rechtsgrund verteidigt, trifft ihn allerdings die Beweislast, dass die zu seinen Gunsten erfolgte Vermögensmehrung auf einer den Formmangel heilenden Leistungserbringung gemäß § 518 Abs. 2 BGB beruht, die Leistung also mit einem konkreten Willen des Leistenden an ihn erbracht wurde. Diese zu Lasten des Leistungsempfängers abweichende Beweislastverteilung beruht auf dem Zweck der gemäß § 518 Abs. 1 BGB für einen Schenkungsvertrag erforderlichen notariellen Beurkundung, u.a. eine sichere Beweisgrundlage für solche ohne Gegenleistung vereinbarten Vertragsbeziehungen sicherzustellen. Im Falle eines Streits über dieses Sachverhaltselement hat der Leistungsempfänger nachzuweisen, dass die Vermögensverschiebung mit Wissen und Wollen des Leistenden bewirkt worden ist. Dieser Nachweis kann zwar gegebenenfalls nur durch den Beweis eines Schenkungsvertrags erbracht werden. Die den Leistungsempfänger treffende Beweislast beschränkt sich indessen auf den Willen des Leistenden zur Leistungsbewirkung. Der Tatbestand der Leistungsbewirkung heilt den Formmangel für einen Schenkungsvertrag und genügt damit dem Zweck des § 518 Abs. 1 und 2 BGB. Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn der Leistungsempfänger zur Verteidigung gegen einen bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch auch beweisen müsste, dass die mit Willen des Leistenden bewirkte Leistung tatsächlich auf einem Schenkungsvertrag mit entsprechendem Schenkungswillen beruht. Kann der Leistungsempfänger den Nachweis für eine mit Wissen und Wollen des Leistenden erfolgte Leistungsbewirkung erbringen oder steht eine solche Leistungsbewirkung wie im Streitfall außer Streit, obliegt es dem Anspruchsteller, die weiteren Voraussetzungen einer ungerechtfertigten Bereicherung nachzuweisen.
Die sekundäre Darlegungslast des Leistungsempfängers bleibt hiervon unberührt. Wer geltend macht, ohne Rechtsgrund geleistet zu haben, muss nur denjenigen Rechtsgrund ausräumen, der sich aus dem Vortrag des Leistungsempfängers ergibt. Dem Berufungsurteil ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast zu einem Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen nicht genügt hat.“
Anmerkung:
Vor Gericht und auf hoher See ist man bekanntlich in Gottes Hand. Dies zeigt auch dieser Fall einmal mehr, indem die Tochter erst durch 3 Instanzen gehen musste, um dann zu guter Letzt doch noch recht zu bekommen.
Der Fall verdeutlicht auch, dass derjenige der vor Gericht streitet, sich nicht von einem ungünstigen Urteil entmutigen lassen soll, sondern dass nötigenfalls, jedenfalls dann, wenn rechtliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, unbedingt Rechtsmittel ergriffen werden müssen, um zu guter Letzt doch noch zu obsiegen. Wer nicht kämpft hat schon verloren.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.