Bei der Formulierung von Testamenten steckt der Teufel bekanntlich im Detail. Wer hier als Erblasser oder als Erblasserin unpräzise formuliert, der läuft Gefahr, dass am Ende der Nachlass nicht nur bei Gericht landet, sondern ein Dritter, nämlich ein Richter oder eine Richterin, entscheiden muss, was genau gewollt war. Von daher sollte, um Streit zu vermeiden, auch immer mit geregelt werden, was gelten soll, wenn der oder die Bedachte zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls bereits vorverstorben ist. Sollen dann dessen Abkömmlinge an seine Stelle treten, so dass der Stamm bedacht ist oder aber Anwachsung eintreten, also dass die verbliebenen Erben den Erbteil erhalten? Um hier Streit zu vermeiden empfiehlt sich stets zu regeln, was gelten soll, insbesondere ob es einen Ersatzerben gibt oder nicht. In einer vom OLG Düsseldorf mit Beschluss vom 12.01.2021 (3 Wx 132/20) entschiedenen Nachlasssache ging es genau darum. Hier mussten die Richter entscheiden, ob die Kinder des vorverstorbenen Neffen des Erblassers an dessen Stelle gerückt sind oder aber nunmehr die verbliebene Nichte den gesamten Nachlass erhält. Die Richter haben im Ergebnis das Testament so verstanden, dass die Nichte nunmehr Alleinerbin wurde und die Kinder des Neffen leer ausgehen.
Erbeinsetzung von Nichte und Neffe sorgt für Streit
Die Erblasserin war unverheiratet und kinderlos. In einem notariellen Testament hatte sie ihre Nichte und ihren Neffen, die Kinder ihrer Halbschwester, zu gleichen Teilen als Miterben eingesetzt, Grabpflegeanordnung getroffen und darüber hinaus erklärt, dass sie nichts weiter zu bestimmen habe.
Zum Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls war der Neffe bereits vorverstorben. Die Nichte hat deshalb beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Diesem Antrag sind die Töchter des Neffen entgegengetreten. Sie waren der Meinung, sie wären an die Stelle ihres verstorbenen Vaters gerückt, sodass nur ein gemeinschaftlicher Erbschein in Betracht käme.
Nachdem das Nachlassgericht dem Erbscheinantrag der Nichte stattgegeben und der Beschwerde der Kinder des Neffen nicht abgeholfen hatte, landete der Rechtsstreit schließlich beim OLG.
Wille der Erblasserin zum Nachrücken der Kinder nicht feststellbar
Auch hier hatten die Kinder des verstorbenen Neffen das Nachsehen, denn die Richter kamen zum Ergebnis, dass ein Wille der Erblasserin zum Nachrücken der Kinder des Neffen sich nicht habe feststellen lassen.
Da die Zweifelsregelungen des § 2069 BGB, weil es sich bei den im Testament Bedachten, nicht um Abkömmlinge handelt, weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar ist, komme es, so das Gericht, darauf an, ob sich nach allgemeinen erbrechtlichen Auslegungsregeln ein Wille der Erblasserin zum Nachrücken der Kinder des verstorbenen Neffen feststellen lasse. Dabei komme es maßgeblich darauf an, ob der Neffe um seiner Person willen oder als Erster seines Stammes berufen wurde. Dies sei, so das Gericht, aber nicht der Fall, denn wenn die Erbeinsetzung eines Stammes gewollt gewesen wäre, dann wäre die Erste des Stammes die Schwester der Erblasserin und nicht deren Kinder, also Nichte und Neffe, gewesen. Die Richter haben dann weiter unterstellt, dass kaum vorstellbar sei, dass die beurkundende Notar, der das Testament verfasst hat, eine etwaige Frage der Erblasserin, was sein soll, wenn einer der beiden Eingesetzten vorverstirbt, die Fragen dahingehend beantwortet hätte, dass nichts mehr geregelt werden müsse, weil dies vom Testament erfasst sei. Eine andere Auslegung des Urkundeninhalts sei nur dann denkbar, wenn qualifiziert mündliche Äußerungen der Erblasserin dargelegt würden, woran es vorliegend aber fehlen würde. Wovon „alle Beteiligten in der Familie“ ausgegangen sein, sei nach Auffassung des Gerichts ebenso ohne Belang wie ein Verweis auf die Rechtslage im österreichischen Erbrecht. Genauso wenig komme es darauf an, was die Schwester der Erblasserin ihren Enkelinnen gesagt haben soll.
Anmerkung:
Im Ergebnis hat am Ende das, was die Erblasserin wollte (oder nicht) ein Dritter, nämlich ein Gericht, festgestellt und entsprechend entschieden. Wenn Sie nicht möchten, dass sich Ihre Familie an Ihrem Nachlass entzweit und am Ende vielleicht ein Gericht eine Entscheidung trifft, die gerade nicht Ihr Wille war, dann sollten Sie sich bei der Abfassung eines Testaments stets fachkundig beraten lassen. Nur so ist sichergestellt, dass Ihr letzter Wille dann auch in Ihrem Sinne umgesetzt und vollzogen wird. Wir unterstützen Sie gerne. Bundesweit.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.