Die Bundesregierung hat am 29.09.2015 unter dem Motto „Mehr Rechtssicherheit bei Insolvenzen“ einen Gesetzentwurf zur Reform der Insolvenzanfechtung beschlossen. Wir hatten über den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 16.03.2015 bereits am 01.04.2015 an dieser Stelle berichtet. Der Referentenentwurf wurde in großen Teilen vom Kabinett abgesegnet. Nunmehr sind folgende Änderungen geplant:
Vorsatzanfechtung
Im Gesetzesentwurf ist die Verkürzung der Anfechtungsfrist für Deckungshandlungen nach § 133 InsO von bislang zehn Jahren auf nunmehr vier Jahre vorgesehen. Auch sollen sog. kongruente Deckungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger erkannt hat, dass der Schuldner bei Vornahme der Deckungshandlung bereits zahlungsunfähig war. Die Kenntnis der bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit soll entsprechend nicht mehr ausreichen. Die Vorsatzanfechtung von Bargeschäften soll zudem weiter eingeschränkt werden und nach § 133 InsO nur noch anfechtbar sein, wenn der Schuldner unlauter handelte und der Gläubiger dies erkannt hat.
Gläubiger, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen zur Überwindung vorübergehender Liquiditätsschwierigkeiten gewähren, sollen zudem vor Anfechtungen nach § 133 InsO geschützt werden. Der Gesetzesentwurf sieht so eine gesetzliche Vermutung zugunsten dieser Gläubiger hinsichtlich der Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bei später erhaltenen Zahlungen vor.
Die vorgenannten Einschränkungen der Anfechtbarkeit sollen ausdrücklich nicht für unredliche Vermögensverschiebungen und Bankrotthandlungen gelten.
Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs
Zur Beseitigung der Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen soll gesetzlich klargestellt werden, dass in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt.
Einschränkung der Inkongruenzanfechtung
Deckungen, die in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder aufgrund Androhung derer bewirkt wurden, sollen künftig grundsätzlich nur bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners anfechtbar sein. Ziel sei es, insbesondere Kleingläubiger, die unter Inkaufnahme von Prozess- und Kostenrisiken einen Titel erlangt haben, besser zu schützen.
Begrenzung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs – Stärkung des Gläubigerantragsrechts
Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder nach § 291 BGB (Prozesszinsen) verzinst werden und nicht mehr unmittelbar mit Verfahrenseröffnung zu verzinsen sein.
Schließlich soll mit dem geplanten Gesetz das Antragsrecht der Gläubiger auf Eröffnung von Insolvenzverfahren gestärkt werden, damit soll die Möglichkeit insbesondere der Sozialversicherungsträger auf eine frühzeitige Abklärung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hinzuwirken weiter verbessert werden.
Die Änderungen des Insolvenzanfechtungsrechts sollen auch für die Anfechtung außerhalb der Insolvenz gelten und das AnfG entsprechend ebenfalls geändert werden, soweit dieses entsprechende Regelungen vorsieht