Jetzt wird es für die Bundesregierung ungemütlich, denn das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 07.11.2017 (2 BvE 2/11) entschieden, dass dem Bundestag und seinen Abgeordneten nicht nur ein Frage- und Informationsrecht gegenüber der Bundesregierung zusteht (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), sondern dass diesem Recht auch eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert. Danach sind alle angefragten Informationen mitzuteilen, über die die Bundesregierung verfügt oder die sie mit zumutbaren Aufwand in Erfahrung bringen kann. Die Bundesregierung muss dabei alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten der Informationsbeschaffung ausschöpfen, um die angefragte Auskunft erteilen zu können.
Auskunft und damit Kontrollrecht des Bundestags ist ein hohes Verfassungsgut
Die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Verwaltung verwirklicht den Grundsatz der Gewaltenteilung, der für das Grundgesetz ein tragendes Funktions- und Organisationsprinzip darstellt, so die Richter. Ohne Beteiligung am Wissen der Regierung könne das Parlament sein Kontrollrecht gegenüber der Regierung nicht ausüben. Die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Verwaltung würde leerlaufen. Daher kommt dem parlamentarischen Informationsinteresse besonders hohes Gewicht zu, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Missstände innerhalb von Regierung und Verwaltung geht. Die Kontrollfunktion ist zugleich Ausdruck der aus dem Demokratieprinzip folgenden Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber dem Parlament.
Auskunftsanspruch der Abgeordneten unterliegt engen Schranken
Gleichzeitig haben die Verfassungsrichter aber dargelegt, dass das verfassungsrechtlich garantierte parlamentarische Frage- und Informationsrecht nicht schrankenlos gewährt ist, Grenzen unterliegt, die allerdings auch dann, wenn sie einfach gesetzlich geregelt sind, ihrem Grund im Verfassungsrecht haben müssen. So kann sich der Informationsanspruch des Bundestages und der einzelnen Abgeordneten von vornherein nur auf Angelegenheiten beziehen, die in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen und für die sie verantwortlich ist. Weitere Grenzen des Informationsrechts können sich im vorliegenden Fall durch Grundrechte Dritter oder dem Wohl des Bundes oder eines Landes (Staatswohl) ergeben.
Will die Bundesregierung die Auskunft verweigern, so muss sie die Gründe darlegen, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert oder in nicht öffentlicher Form erteilt. Einer besonderen Begründungspflicht unterliegt die Bundesregierung, soweit sie ihre Antwort eingestuft in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Verfügung stellt. Es ist Aufgabe der Bundesregierung, nachvollziehbar darzulegen, aus welchem Grund die angeforderten Informationen geheimhaltungsbedürftig sind und warum sie gegebenenfalls auch noch nach Jahren oder sogar nach Abschluss des betreffenden Vorgangs nicht Gegenstand einer öffentlichen Antwort sein können.
Mehrere nicht beantwortete Anfragen der Grünen haben die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgelöst
Geklagt hatten die Grünen die zum einen wissen wollten, wie es denn eigentlich um die Prüfungen der Banken durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestellt war, kurz bevor die große Krise des Jahres 2008 hereinbrach und ob es Bonuszahlungen der staatlich gestützten Banken gegeben hat. Auch zur Deutschen Bahn hatten die Grünen eine „Kleine Anfrage“ an die Bundesregierung formuliert – zu Investitionen ins Schienennetz, zur Wirtschaftlichkeit von „Stuttgart 21“, zu Zugverspätungen. In beiden Fällen war die damalige Bundesregierung, die zu dieser Zeit aus CDU/CSU und FDP bestanden hatte, die Antworten schuldig geblieben.