Ohne Schuss kein Jus, sagt ein Juristensprichwort. Gemeint ist damit, dass derjenige, der nicht in der Lage ist bei Klageeinreichung im Zivilprozess die Gerichtskosten einzubezahlen kein Recht erhalten wird. Ohne Einzahlung der Gerichtskosten stellt nämlich das Gericht die Klage nicht zu und es findet kein Rechtsstreit statt. Wer also nicht in der Lage ist zu bezahlen, dem ist grundsätzlich der Zugang zum Recht verwehrt.
Da dies nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbaren ist, gibt es die Möglichkeit Prozesskostenhilfe zu beantragen. Der Antragsteller muss also mit einem gesonderten Antrag bei Klageeinreichung darlegen und glaubhaft machen, dass er aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, den Rechtsstreit zu finanzieren. Trifft dies zu, dann kann ausnahmsweise der Rechtsstreit auf Kosten der Staatskasse geführt werden, d.h. Gerichtskosten und Zeugenvorschüsse müssen nicht einbezahlt werden. Der eigene Rechtsanwalt wird (zu ermäßigten Sätzen) aus der Staatskasse bezahlt, so dass durch einen gesetzlich angeordneten Honorarverzicht letztlich auch die Anwaltschaft dazu beiträgt sozial Schwachen den Zugang zum Recht zu ermöglichen.
Die bloße Bedürftigkeit reicht allerdings nicht aus, um den Rechtsstreit auch führen zu können. Der Gesetzgeber verlangt nämlich in § 114 ZPO, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Einschränkung führt in der Praxis dazu, dass Gerichte oftmals bereits im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens den Rechtsstreit nicht nur summarisch, sondern bereits im Detail prüfen und so faktisch sozial schwachen Bevölkerungsschichten den Zugang zum Recht erheblich erschweren.
Das Bundeverfassungsgericht hat nunmehr in seinem Beschluss vom 28.1.2013 (1 BvR 274/12) klargestellt, dass die Anforderungen an die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht überspannt werden dürfen, insbesondere schwierige, bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden dürfen. Der unbemittelten Partei darf eine prozessuale Klärung nicht mit Verweis auf die fehlenden Erfolgsausschichten verweigert werden. In dem Ausgangsfall hatten die Instanzgerichte zu Unrecht im PKH-Verfahren über Schadensersatzansprüche im Rahmen der Organvermittlung entschieden. Überspannen nämlich die Instanzgerichte die Anforderungen an die Gewährung von Prozesskostenhilfe, und lehnen dann im Ergebnis doch die Gewährung ab, bedeutet dies für den mit der Angelegenheit befassten Rechtsanwalt, dass er zwar einen vollen Gebührenanspruch gegen seinen Mandanten erwirbt, dieser aber regelmäßig aufgrund der mangelnden finanziellen Leistungsfähigkeit Makulatur ist. Auf diese Weise würde von den Gerichten die Aufrechterhaltung des Rechtsstaatsprinzips vollständig auf die Anwaltschaft überbürdet werden. Dies würde wiederum dazu führen, dass immer weniger Anwälte aus wirtschaftlichen Gründen solche Mandate annehmen, wenn sie von Anfang an damit rechnen müssen, nur ausnahmsweise Honorar zu erhalten.
Hinweis:
Auch bei gewährter Prozesskostenhilfe bedeutet dies nicht, dass der Antragsteller tatsächlich kostenlos prozessieren kann. Je nach Art der Bedürftigkeit werden entweder die Kosten (zunächst) von der Staatskasse ganz übernommen oder aber es wird eine Ratenzahlung bewilligt.
Selbst dann, wenn zunächst die Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden ist, ist damit der Antragsteller aber nicht aus dem Schneider. Die Staatskasse verlangt vielmehr in regelmäßigen Abständen nach Abschluss des Rechtstreits, dass der Antragsteller erneut seine Vermögensverhältnisse offen legt. Kommt er dieser Verpflichtung nicht oder nicht innerhalb der gesetzten Frist nach, wird nachträglich die Gewährung der Prozesskostenhilfe aufgehoben. Vom Staat geleistete Zahlungen werden dann zurückgefordert.